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Geschichte Weinbau

Unser Weinbau in Immenstaad in Vergangenheit und Gegenwart (1997)

von Wilhelm Röhrenbach

Der Weinbau in Immenstaad ist eng mit der Entwicklung des Weinbaues am Bodensee verknüpft. Bei der Suche nach dem Ursprung unseres Rebbaues meinen manche Historiker, dass die Römer uns den Weinbau gebracht haben. Tatsächlich sprechen noch heutzutage viele Ausdrücke der alten Winzersprache dafür. Hier sei vor allem auf „wimmeln“ hingewiesen, ein Wort, das nur am Bodensee für das Traubenlesen benutzt wird und das sich von vindemiare ableiten lässt. Aber auch die Benennungen für Most, Fass oder Torkel zeigen römischen Ursprung.

Wilhelm Röhrenbach mit Refraktometer (1990)

Aber wie dem auch sei, erst in der Merowinger- und Karolingerzeit werden Ortschaften im Bodenseegebiet genannt, an denen Weinbau getrieben wird. Sie sind als Kristallisationspunkte anzusehen, von denen aus sich die Rebe weiter ausdehnte und sich bis heute - wenigstens teilweise - erhalten hat. So findet man um 870 den Weinbau im heutigen Karton Thurgau bezeugt. im 7. Jahrhundert soll er auch schon in Lindau begonnen haben. im Jahre 724 kommt ein Weinstock auf einem Gut Karl Martells in Ermatingen vor und zur selben Zeit fand die Rebe Eingang auf der Reichenau. 773 werden Weinberge auf der Höri erwähnt und 812 dann im nahen Manzell.

Bei uns in lmmenstaad haben wir es zum ersten Mal 1288 urkundlich mit Reben zu tun, als nämlich Kirchberg vom Stift Kempten an das Kloster Sallmannsweiler (Salem) verkauft wurde. Das Dorf selber war ab dem 14. - 15. Jahrhundert bis zum zu Ende gehenden 19. Jahrhundert ein großer Rebgarten und viele Klöster und Fürsten sowie die freie Reichsstadt Überlingen hatten hier ihre Besitzungen. Die Reben reichten teilweise bis zum See und in 20 Torkeln wurde der Wein gepresst.

Der Dreißigjährige Krieg brachte auch für den Weinbau am Ort wie am ganzen Bodenseegebiet kräftige Einbußen, doch ging der Wiederaufbau zügig voran. Am Beispiel des Klosters Salem, das uns die bei weitem meisten Aufschriebe über Weinbau hinterlässt, sei dargelegt, Wie systematisch dort der Neuaufbau der Reben betrieben wurde. Das Rebwerk des Klosters erstreckte sich von Stockach bis vor die Tore von Lindau und vom Seeufer bis zum Höhenzug des Heiligenberges. Hierbei wurden gute Lagen wieder aufgebaut und die nicht rentierenden aufgegeben. So waren 1657 in Markdorf sämtliche 14 Stück Salemer Reben wieder aufgebaut, in Immenstaad 47 von 48, in Kirchberg alle 51 Stück, in Hagnau 82,5 von 106,5, in Bermatingen 150 von 222 usw. aber in Salem nur10 von 151.

Der Hofmeister von Kirchberg hat u.a. die Aufsicht über die Reberträge in Kirchberg, Immenstaad und Hagnau. Den Aufschrieben in den alten Generalias des Klosters nach zu urteilen, sind gerade die Kirchberger Aufzeichnungen äußerst exakt erfolgt. Es seien hier einige Zahlen genannt. 1728 belief sich die Ernte laut Bericht des Hofmeisters auf 165, 1738 auf 112, 1755 auf 222, 1760 auf 252 Fuder (das Fuder zu ca. 1200 Liter).

Die Rebkultur der alten Zeit kannte nur die Pfahl- oder Steckenziehung in Dichtpflanzung. 12000 - 18000 Steckenreben wurde pro ha gepflanzt. Die vielen benötigten Rebstecken wurden meist aus dem Vorarlbergischen - 1834 noch 400.000 Stück - bezogen.

Arbeit im Weinberg 1925

Der Wein gedieh damals schon, wie heute noch, recht gut im Bodenseegebiet. Dazu trugen die idealen Hanglagen, die warmen Böden der Süßwassermolasse und sandigen Flussgerölle und der als Wärmespeicher und Lichtreflektor fungierende See, nach Kräften bei. Der häufige Herbstnebel mit nachfolgendem Sonnenschein und der über die Berge fallende Föhn „mästeten“ die Trauben und beschleunigten die Reife.

In einer Höhenlage über400 Meter Meereshöhe gelegen hat unser Weinbau einen späten Frühjahrsstart und eine, im Vergleich mit anderen deutschen Weinbaugebieten, späte Traubenblüte. Das vermindert die Gefahr der Spätfröste (von solchen spricht man bei Frühjahrsfrösten während der Vegetationszeit - während man die ersten Fröste im Herbst als „Frühfröste“ bezeichnet) - begrenzt aber auch die Sortenauswahl. Denn die Sorten haben einen verschieden großen Bedarf an Vegetationszeit - deshalb sucht man bei uns auch vergeblich nach Sorten wie Riesling, Silvaner, Traminer oder Gutedel. - Dessen ungeachtet begann schon früh die Bemühung um den Anbau von Qualitätssorten und so gesellte sich schon bald, zu den schon vorhandenen Massenträgern wie z.B. dem Elbling, der Blauburgunder als große Qualitätssorte des Bodensees. Später dann im beginnenden 19. Jahrhundert entstanden Muster- und Versuchsanlagen in Meersburg, Kirchberg, Birnau und Konstanz. Die Klöster und nach der Säkularisierung die Spitäler, die Markgräfl. Gutsverwaltung und die Domäneverwaltung waren besonders bestrebt den Qualitatsweinbau zu fördern.

Wohl bemühten sich die Rebleute nach Kräften, zu einer guten Ernte zu kommen, doch sehr oft wurde diese Frucht der Mühen und Plagen von allerlei Unbilden dezimiert oder gar vernichtet. So liest man in alten Aufschrieberı und Chroniken sehr oft von großen Schäden durch Frost, Hagel, Regen und Schädlingen. Die Rebmänner in ihrer Not wandten sich himmlischen Helfern zu. Am häufigsten wurde in Rebbergnöten St. Urban angerufen. Bei uns am See War es Brauch, dass am 25. Mai die Gläubigen durch die Weinberge pilgerten und die Fürbitte des Heiligen um gutes Gedeihen der Reben anriefen. Der HI. Johannes Evangelist wird ebenfalls verehrt. Bei der letzten Seegfrörne 1963 wurde das Brustbild des Heiligen von Hagnau nach Münsterlingen gebracht. Dieses Hinüber und Herüberziehen der Statue lässt sich seit 1573 nachweisen.

In der Barockzeit finden wir dann die Verehrung von St. Magnus als Helfer der Rebnot. lm Salemer Gebiet stand Magnus in besonderem Ansehen; das sagt uns die Magnus-Statue von Josef Anton Feuchtmayer in Birnau und die Magnusprozession in Bermatingen.

Die heranreifende Ernte wurde streng behütet, sorgsam gekeltert und ausgebaut. Davon berichten uns alte Herbstordnungen und so manches überliefert - und manchmal recht drastisch gehandhabte - Kellerrecht. So wurde 1471 in Überlingen ein Hans Schertweg eingemauert, weil er Wasser in den Wein tat. In Ravensburg ließ 1468 der Rat wegen Weinfälschung einen Martin Gässler enthaupten.

Die Bevölkerung war eifrig bemüht, den so sorgsam gehüteten und nach strengem Recht ausgebauten Wein zu konsumieren. Der pro Kopf Verbrauch am See wurde um 1600 auf 150 - 200 Liter pro Jahr geschätzt. Das ist eine stolze Zahl gegen die sich die derzeit vom deutschen Verbraucher laut Statistik getrunkenen 23 Liter recht bescheiden ausnehmen. Nach der Spitalordnung Überlingens bekam jeder lnsaße 3 Maß Wein und nach der mündlichen Überlieferung Waren auch die lmmenstaader keine Verächter des vergorenen Rebensaftes. Ein Fürstenbergischer Amtmann berichtete gar seiner Herrschaft: „den lmmenstaadern habe ich nur am Werktag etwas zu sagen, am Sonntag und am Feiertag lassen sie sich ausschließlich vom Wein regieren“.  Dass es aber unter den Weintrinkern der damaligen Zeit auch echte Weinkenner gab, beweist uns der Pfarrer von Bermatingen, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts an sein Kloster in Salem schrieb: „nun habe ich wieder meinen Deputatwein bekommen. Meine findige Kennerzunge hat aber nur den Elbling herausgeschmeckt, ich aber habe den Wettersegen auch auf den Roten und den Weißherbst herniedergebetet“.

Trotz des kräftigen Eigenkonsums ging der Rebbau, auch auf unserer Gemarkung -wie im übrigen Seegebiet - stark zurück. Schuld waren häufige Missernten, Schädlinge und Rebkrankheiten und die Konkurrenz des Obst- und Ackerbaues - auf der Reichenau - die eine reine Weininsel war- des Gemüsebaues. Die gleich zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgte Säkularisierung der Klöster hat sicher auch den Weinbau in Mitleidenschaft gezogen. Die Aufhebung des Einfuhrzolles für fremden Wein, die mit der Gründung des Zollvereins 1834 gegeben war, ließ viele Schranken fallen und machte an manchen Orten den Absatz des eigenen Weines fast unmöglich. Das Aufkommen neuer Verkehrsmittel (Bahn), der Aufschwung des Handwerks und die beginnende Industrialisierung (Beispiel Buchhorn - das heutige Friedrichshafen) machte aus dem Rebland ein Gewerbe-, Wohn- und Bauland. Der Weinbau am See zog sich zurück auf besonders günstige und geschützte Lagen um die in alter Weinbautradition verharrenden Güter der Standesherrschaften, der Spitäler und der Domäneverwaltung. Aber gerade in dieser Zeit der flächenmäßigen Abnahme festigte sich die Rebkultur. Viele erfolgreiche, den Weinbau fördernde Maßnahmen gingen Hand in Hand mit einer besseren Vermarktung. Der von Pfarrer Heinrich Hansiakob 1881 in Hagnau gegründete Winzerverein - übrigens der älteste Badens - erwies sich als sehr segensreich und regte zur Nachahmung an. Der lmmenstaader Winzerverein entstand schon 1897 und bewerkstelligte im Kellergewölbe des Rathauses den Weinausbau. Der Verein existierte bis zu den verheerenden Frösten der Jahre 1956 und 1957. Danach ging der Weinbau hier im Dorf auf unter 1 ha zurück. Der örtliche Winzerverein hatte seine Existenzgrundlage verloren und die wenigen Winzer schlossen sich dem am Leben gebliebenen Winzerverein Hagnau an. Doch der Frost hatte auch ein positives im Gefolge. lm ganzen badischen Rebland wurde mit dem Neuaufbau begonnen und Rebenaufbaupläne - auch für unsere Seegemeinden erstellt. Bestes Pflanzgut wurde herangezogen und die optimalen Sorten und Unterlagen für die jeweiligen Standorte ausgewählt. Neben dem Spätburgunder und dem Ruländer trat der Müller-Thurgau stärker in Erscheinung. Eine Sorte, die Prof. Dr. Hermann Müller, gebürtig aus Tägerwilen im Kanton Thurgau - daher der Sortenname -in den achtziger Jahren des verg. Jahrhunderts aus den beiden Sorten Riesling und Silvaner gezüchtet hat. Nach weiteren 20 Selektions- und Beobachtungsjahren kam die Rebe in die Praxis und 1925 zu uns an den Bodensee nach Schloss Kirchberg. Dort wurde diese Neuzüchtung von meinem Vater und Großvater- gegen großen Widerstand von allen Seiten - angebaut und die hervorragende Eignung für den Bodenseeweinbau erkannt. Es dauerte aber noch viele Jahre, bis diese Pioniertat von 1925 Nachahmer fand. Heute ist der Müller-Thurgau oder Riesling x Silvaner, wie er früher hieß, nicht nur am Bodensee sondern in ganz Deutschland die meistangebaute Rebsorte. Diese, für unseren heimischen Weinbau maßgeschneiderte Sorte, ersetzte rasch den Elbling und gab dem weichenden Weinbau neuen Halt.

Weinernte in Kirchberg 1962 mit Unimog und Binger Seilzug

Seit der - mit dem In-Kraft-Treten des neuen deutschen Weinrechtes im Sommer 1971 verbundenen Zusammenfassung der Einzellagen, ist der Name lmmenstaad  zumindest vorläufig vom Weinetikett verschwunden. Doch besitzt lmmenstaad seit der Eingemeindung von Kirchberg eine eigene Einzellage im Schloss Kirchberger Schlossberg. Der Kirchberger Wein wird in der Markgräflich Badischen Kellerei in Salem ausgebaut.

Die Weine der lmmenstaader Winzer, die seit den beginnenden 70er Jahren wieder viele ehemalige Rebflächen aufgebaut haben, kommen in den Hagnauer Winzervereinskeller und von dort als Hagnauer Burgstall oder Sonnenufer (das ist die Großlage des Bereichs Bodensee) auf den Markt. Höchste Auszeichnungen auf Bundesund Landesebene für die Schloss Kirchberger und Hagnauer Weine zeugen von der hohen Leistungskratt des Rebbaues und der Kellerwirtschaft unseres heimischen Weinbaues.

Die Rebanlagen die heute auf unserer Gemarkung stehen, präsentieren modernsten Weinbau. In weiträumiger Zeilung sind die Pflanzen optimal belichtet. Der Weinbergsboden ist begrünt. Dieser Bewuchs verhindert die Abschwemmung wertvoller Feinerdeteile bei starken Regengüssen und befriedigt durch seine Rückstände den hohen Humusbedarf der Rebe. Die Winzer versuchen durch eine späte und fraktionierte Lese die höchstmögliche Qualität einzubringen, zur Freude all derer, die unseren Wein, seine einmalig würzige spritzige Art, seine rassige Säure und seine bekannte Bekömmlichkeit schätzen. Unseren Müller-Thurgau, der durch seine feine Frucht und sein dezentes Muskat-Bukett immer wieder besticht. Der sich so prickelnd frisch und gefällig trinkt und sich - ob seiner rückstoßfreien Art - zunehmender Beliebtheit erfreut. Oder unseren Spätburgunder, den wir in rubinroter Farbe als Rotwein kennen, der sich vollmundig, samtig und reich an Körper mit einem herrlichen Brombeerton präsentiert oder, aus derselben Burgundertraube gewonnen, unseren Weißherbst. Dieser wird im Gegensatz zum „Roten“ sofort gepresst, damit er vom Blau der Schale nicht mehr aufnehmen kann als jenen Hauch, der ihn altgolden macht. So kommt der Burgunder als Weißwein ins Fass und bringt uns in raffinierten Geschmacksnuancen etwas von der Glut und Fülle des Roten und von der Rasse und Eleganz des Weißen auf die Zunge. Bleibt noch der graue Burgunder- der Ruländer  auch er ist französischer Abstammung und liegt tiefgolden im Glase. Er ist der Wein für den sich neigenden Tag, wenn man den Heimweg vergisst, für die geruhsamen Stunden, in denen die Zeit nicht mehr mit der Uhr gemessen wird. Er liebt die Wärme und gibt sie uns im Wein wieder.

Der Weinbau in Immenstaad bringt uns aber nicht nur köstliche Weine, er verschönt uns durch sein Dasein, durch seine herrlichen Farben - vom zarten Grün des ersten Austriebs bis zum bunten Herbstlaub - unseren Alltag. Nach all dem drängt es mich zu sagen: mögen die Reben bleiben und unser Dorf umkränzen und mögen sie durch ihr Vorhandensein der immer stärker werdenden Besiedlung unserer Fluren Einhalt gebieten, ich glaube das wäre zu unser aller Wohl.

 

 

Zur 100-Jahrfeier der Winzergenossenschaft Immenstaad:  700 Jahre Weinbau in Immenstaad

von Wolfgang Trogus

 

Geschichtliches

„Zu Hagnau und zu Immenstaad , ein Fuhrmann Wein’s g’nug z’laden hat“.

So schreibt Tibian (Johann Georg Schinbain) zu seiner Bodenseekarte 1578.

 

Schon im frühen Mittelalter gab es urkundlich nachweisbar Weinreben am Bodensee, und so finden wir vor über 700 Jahren, 1288, erstmals Weinberge in Kirchberg erwähnt, das damals vom Kloster Kempten an das Kloster Salem verkauft wurde; auch von Obstgärten ist dabei die Rede, und 1290 von einem Obstgarten in Enehofen (Flurstück Öhnehofen bei Kippenhausen). Der Weinbau war sicher schon in der ganzen Gemeinde verbreitet, denn 1293 erwirbt Salem einen Weingarten im Ortsteil Happenweiler und 1336 geht der Zehnt aus dem Weingarten zu Ried bei Immenstaad (das ist die heutige Seestraße West) an Konstanzer Bürger, und es wird erstmals ein Torkel genannt. 1371 bezieht Löw Schwarz in Konstanz den Korn- und Weinzehnten zu Immenstaad, als Lehen des Konstanzer Bischofs; 1412 wird er als Weinzehnt zu Happenweiler bezeichnet.  Danach häufen sich die Belege über Verkäufe, Zinsverpflichtungen, Zehnten und wir erwähnen nur noch einiges.

Hersberg 1819 Gouache J. S. Dirr

1353 zahlt Kippenhausen („nur 7 Haushaltungen“ heißt es dabei) 15 Eimer Wein an Zins.  1412 wurde ein großer Acker zu Helmsdorf an 3 Bürger und einen Auswärtigen verkauft, damit ein Weingarten angelegt werden konnte. 1413 verlieh Graf Hans v. Lupfen dem Ulrich v. Helmsdorf die Vogtei über Immenstaad und einen 3 Jauchert großen Weingarten ( den „Herrengarten“, der später, 1619, an Ottobeuren ging). Bei der Gründung der Pfarrei 1410 und der Frühmeßpfründe 1473 stifteten die Einwohner zahlreiche Güter, namentlich Weinberge, und Grundzinsen in Geld und Wein zum Unterhalt; die Kirchenfabrik (Kirchenvermögen) bezog daher 1785 z.B. fast 4900 l Wein im Werte von fast 200 Gulden und 45 Gulden bar als Grundzins.

Viele Klöster erwarben nach und nach Rebflächen in Immenstaad, die größten waren Baindt, Buchsheim, Habsthal (seit 1730 in Helmsdorf), Ochsenhausen (seit 1621 auf Hersberg), Ottobeuren (seit 1522), Salem, Weingarten. Die Erwerbungen der Klöster waren so beträchtlich, daß die Einheimischen einen Ausverkauf befürchteten, und so erging 1564 durch die 3 Gerichtsherren ein Verbot des Verkaufs von Grundstücken an „Ewigkeiten“ (Körperschaften), von dem allerdings zahlreiche Ausnahmen gemacht wurden.

Wie wichtig der Weinbau früher war, zeigt eine sehr seltene Darstellung: im Hause eines ehemaligen Immenstaader Weinbauern steht eine schöne Plastik, die Anna Selbdritt (Anna mit Maria und dem Jesuskind) darstellt. Kind und Großmutter halten eine Weintraube. Das Werk ist in Heft 10 der Heimatblätter abgebildet, stammt aus dem 17. Jahrhundert und wohl aus der Zürn-Schule.

 

Wirtschaftliches

In Immenstaad, Kippenhausen, Kirchberg, Helmsdorf und am Hersberg wird also seit über 700 Jahren Wein angebaut, und er war bis in unser Jahrhundert ein Erwerbszweig, der die bäuerliche Wirtschaft sehr stark bestimmte.  Im Urbar von 1785, das  alle Grundstücke und Besitzer aufzählt, werden 145 einheimische Grundbesitzer genannt, dazu 23 meist auswärtige Körperschaften und 51 auswärtige Personen; in Heft 7 der „Immenstaader Heimatblätter“ sind sie alle aufgezählt. Die 1476 Reblandparzellen umfassen fast 100 ha, also 14% der Gesamtfläche, und sind zu 65% (der Fläche) in bäuerlicher Hand. Sie waren im Durchschnitt nur 6,7 a groß. Der Ortsplan von 1783 zeigt sehr schön und eindrücklich, wie das ganze Dorf von Weingärten umrahmt ist.

1822 ermittelt man 200 Morgen (zu je 3600 qm), also 72 ha Rebfläche. In Kippenhausen waren 1861 etwa 62 von 803 Morgen Fläche mit Reben bepflanzt, also 8 %.

Die auswärtigen Institutionen, meist Klöster, vergaben ihre Reben im „Halbbau“; das bedeutete, daß der halbe Ertrag als Pacht zu zahlen war. Davon gingen noch Zehnten und Grundzinsen ab, der Eigentümer übernahm allerdings einen Teil der Unkosten, wie Dung und Rebstöcke.

Nur der Weinbau ermöglichte die vergleichsweise hohe Bevölkerungszahl in den Orten am See. Fast alle Einwohner betrieben ihn.   Der Halbbau erlaubte auch ärmeren Bauern ein Auskommen, und es war üblich, daß er vom Vater auf den Sohn überging. So bestimmte es auch noch die Dorföffnung von 1792.

Ottobeuren z.B. hatte 12 Rebmänner als Pächter und im Haus Hauptstr. 5 zwei Torkel stehen; die Schwierigkeiten beim Bau des Torkelhauses 1778 haben wir in Heft 16 der Heimatblätter geschildert. Beim Kauf der Ottobeurer Besitzungen 1805 mußte sich der Memminger Schwanenwirt Sigmund Mayer verpflichten, die bisherigen Rebleute beizubehalten und ihnen „den Unterhalt und Nahrung nicht zu entziehen“.

Die übrigen Flächen der Gemarkung, Gärten, Äcker, Wiesen, Wald, lieferten den täglichen Bedarf an Lebensmitteln; der Mist aus der Viehhaltung war dringend als Dünger für die Rebstöcke notwendig und wurde teuer bezahlt; dazu wurden jährlich sogar 3 Dungschauer bestimmt, die auf die Qualität des Mistes zu achten hatten!

Die Bedeutung, welche die Gemeinde dem Weinbau zumaß, zeigt sich auch in der Dorföffnung (Satzung) von 1792. Jedes Jahr bestellte man 3 Rebenschauer (da der Rebbau die Haupt-Nahrungs-Quelle für Immenstaad ist und damit die Rebbäue in baulichen Ehren gehalten werden), einen Unterkäufer (Weinmakler), einen Ablässer (der die Fässer füllen mußte), einer Eicher (der Fässer und Gefäße), einen Spanner (Ladeknecht) und einen Anführer (Fuhrknecht), welche alle gegen die fremden Wein-Gäste (Käufer) bescheiden, bereitwillig und dienstbar sein sollten.

Der Zehnt betrug 1785 1 Maß pro Butte Trauben, 14 Butten ergaben einen Zuber, 2 Maß waren ein Quart (2,5 l). Von den 15 Zehntempfängern bezogen die meisten auch Zehnt vom Wein, nämlich Salem, Altshausen, die Konstanzer Münsterpfründen St. Georg und Benedikt , St. Bartholomäus, sowie St. Felix, Habsthal, der Reggen (verschiedene Institutionen und Pfründen) zu Konstanz, das bischöfliche Quartamt (das Domkaptel) in Konstanz und die Pfarrei Kippenhausen. Der Zehnt ergab, nach Becher, durchschnittlich 18 Gulden pro Hektar. Auch der Grundzins wurde größtenteils in Wein geleistet, nämlich 14,4 hl im Wert von 577 Gulden.

Näheres über den Weinbau siehe Artikel Wilhelm Röhrenbach (Beginn der Seite, oben)

Kirchberg 1870 A. Mencke, wohl erste Fotografie des Schlosses

 

Die Torkel

Die Trauben wurden in großen Weinpressen, den Torkeln, verarbeitet. Sie sollen hier nicht beschrieben werden. Etwa 15 von ihnen sind im Bodenseeraum noch erhalten, die nächste steht in Hagnau. Früher gab es in jedem Weinort sehr viele Torkel, in Immenstaad waren es etwa 1774 nach Angaben des Amtmanns Moll 30 Stück, 1785 werden 25 Stück aufgezählt, Johann Baptist Berger kannte noch 20, 1850 waren es noch 18; ihre Besitzer sind in Heft 14 der Heimatblätter genannt. Nach und nach wurden alle verkauft, meist an Fabrikanten, die das gute Eichenholz zu Parkett verarbeiteten. Als einer der letzten wurde der Torkel im Schwörerhaus 1906 verkauft. Der allerletzte Torkel stand im Haus Hauptstraße 3.

Als Lohn für seine Mühe bekam der „Torkelherr“ eine Gebühr (1 Eimer = 41 l  pro Fuder), den „Baumwein“, ebenso der Torkelmeister ( 8 Quart pro Druck und zum Abschluß 2 Eimer).

Anfänglich versuchten die Herren, die Bauern zur Benutzung der herrschaftlichen Torkel zu zwingen, auf Dauer jedoch vergeblich. So sind strenge Mandate des Abtes von Petershausen (1488) und des Konstanzer Generalvikars (1500) erhalten, die den Pfarrer anweisen, unter Androhung kanonischer Strafen die Bauern zu ermahnen, den Wein in dem Torkel des Deutschen Ordens zu Helmsdorf zu pressen. Dies war schon deshalb vergeblich, weil der Bedarf zur Erntezeit nicht von ein oder 2 Torkeln gedeckt werden konnte.

 

Ernte und Preise

Der Beginn der Ernte, das Wimmeln, wurde bei der Herbst-Gemeinde durch Abstimmung mehrheitlich festgelegt, so ist es noch in der Dorföffnung von 1792 bestimmt. Die Weinernten schwankten sehr; infolge Spätfrösten und Hagelschlag war die Ernte in den Jahren 1738, 1754 und 1755, 1776, 1779 und 1789 sehr gering. Das Wohl der Bauern hing daher an auskömmlichen Preisen, und schon früh griff die Obrigkeit ein. In jedem Jahr wurde der Preis, zu dem der Wein verkauft werden durfte, von einer Kommission neu festgesetzt, um die Bauern vor Übervorteilung zu schützen. Jeder mußte sich daran halten. Dazu schlossen die 3 Ortsherren, Graf Joachim v. Fürstenberg, der Mainauer Komtur Werner Schenk v. Stauffenberg und die Stadt Überlingen 1574 einen Vergleich, der eine eigene Immenstaader „Weinrechnung“ vorsah, nachdem die Immenstaader bisher „zu ihrem großen Nachteil und Schaden“ zusammen mit Meersburg veranlagt wurden. Im 18. Jahrhundert lagen in Immenstaad die Weinpreise meist leicht (5 bis 10 %) über denen von Meersburg und 15 bis 30% über denen von Sipplingen.

Inge Becher errechnet für das 18. Jahrhundert einen durchschnittlichen Ertrag von 3,2 Fuder (zu je 1230 l) Wein pro ha Rebland im mittleren Wert von 175 Gulden. Nach Abzug der Abgaben von gesamt etwa 20 % ergibt sich ein Einkommen aus eigenem bäuerlichen Betrieb, das für die 65 kleineren Grundbesitzer und ihre Familie - etwa 5 Personen im Durchschnitt - nicht ausreichte; es handelt sich immerhin fast um die Hälfte der Haushalte! 1803 arbeiteten daher 75 Personen als Taglöhner.

Die Kosten und Erlöse der Weingüter des Klosters Ottobeuren sind von Reinhardt für das 18. Jahrhundert genau ermittelt worden; die Preise für ein Fuder Wein lagen hier von 1710 bis 1785 zwischen 50 und 90 Gulden, nur selten darunter oder darüber; später stiegen sie stark an.

Laut Urbar 1785 durfte jeder Bürger eigenen Wein ausschenken, mußte aber von jedem Eimer Wein der Herrschaft Fürstenberg 1 Kreuzer „Umgeld“ bezahlen. Das entspricht einer Umsatzsteuer von ungefähr 1 % ! Dagegen war die Gemeinde selbst für ihren Ausschank in der Stube im (damaligen) Rathaus - welches 1823 abgebrochen wurde - vom Umgeld befreit.

 

Das 19. Jahrhundert

1816 werden noch 7 Küfer im Ort genannt. Wie der Weinbau 1822 betrieben wurde, zeigen die Antworten auf einen amtlichen Fragebogen, die wir in Heft 14 der Heimatblätter abgedruckt haben. Selbstbewußt verkünden darin der Vogt Anselm Rebstein und die drei „Rebverständigen“ Johann Langenstein, Joseph Anton Rebstein und Meinrad Einhart: „Der Wein hat in hiesigem Ort eine der vorzüglichsten Qualitäten unserer Seite am Bodensee“. Heute heißt das eine Werbeaussage, denn so günstig wurde früher über den Seewein nicht geurteilt, er, insbesondere der Elbling und der Sipplinger Wein, galt als ziemlich sauer: ein starkes Restringentium, wie auch die Geschichten vom Wein in Heft 2 der Heimatblätter zeigen. Heutzutag spricht man eher von „trocken“.

Wegen der schlechten Ernte und niedrigen Preise erließ 1830 die badische Regierung den kleinen Weinbauern die Grundsteuern für ihr Rebgelände. Über die wirtschaftliche Entwicklung und die schwierige Lage des Immenstaader Weinbaus im 19. Jahrhundert berichten Hildegard Bibby und Gert Zang ausführlich in der Immenstaader Ortsgeschichte. Der skandalöse Konkurs des bekannten liberalen Immenstaader Weinhändlers Karl Majer 1881 schädigte auch 15 Immenstaader Bürger, die ihm ihre gesamte Ernte verkauft hatten.

Eine badische Kommission zur Lage der Landwirtschaft stellt 1883 fest, dass die letzte gute Weinernte 1874 war und seither auf einem größeren typischen Bauernhof (9 ha, davon 79 a Reben) im Jahresdurchschnitt nur 3000 l Wein im Wert von 660 Mark produziert wurden; im Gemeindedurchschnitt war es ein Ertrag von 4,8 hl pro ha.  Die Gesamtlage der Gemeinde wird daher als „unbefriedigend“ bezeichnet. Friedrich König hat 1939 die wirtschaftliche Lage des Hofes von Hermann Rauber (Hauptstr. 11) untersucht, siehe in Heft 10 der Heimatblätter. Der Bauer erntete von 7,1 a Rebland 520 l Wein und erhielt vom Winzerverein pro Liter 55 Pf., also 286 RM; davon verbrauchte er 120 l im eigenen Haushalt.

Im Rahmen der Aktion „Mündliche Geschichte“ 1981 berichten Klindtworth und Schlude,  wie sehr der Weinbau das dörfliche Leben geprägt hatte und wie sich der starke Rückgang des Weinbaus in den Erinnerungen älterer Einwohner spiegelt.

Verwaltungsrat  klein

Verwaltungsrat des Winzervereins Immenstaad (von links: Heinrich Rebstein, Johann Schilt, Robert Schneider, Josef Wiedinger, Karl Dickreiter, Adolf Dickreiter, Anton Waldvogel (Kippenhausen))

 

Der Winzerverein

In Heft 14 der Heimatblätter finden sich auch die 138 Weinbautreibenden von 1873 aufgezählt und die 61 Gründungsmitglieder des Winzervereins, der mit dem 3. Januar 1897 ins Leben trat. Laut Protokoll fand die erste Versammlung dazu im November 1896 statt und zwar „trocken“, weil keiner der Winzer sich bereit erklärte, von seinem Wein zu verkaufen. Sieben bis neun Pfennig erhielt man damals für einen Liter Wein. Später schlossen sich auch die Kippenhauser Winzer an. Vorbild war der Hagnauer Winzerverein, den 1881 Pfarrer Heinrich Hansjakob ins Leben rief. In den „Schneeballen“ erzählt er vom mühseligen Leben der Winzer. Auch Johann Baptist Berger berichtet davon.

Die Statuten des Vereins haben sich erhalten. Zielsetzung war die Hebung und Vervollkommnung des Weinbaus und der Weinbehandlung, der Verkauf des Weins und der gemeinschaftliche Einkauf von Material. Hinter dem (alten) Rathaus baute man das neue Torkelgebäude und mietete den Keller des Rathauses. Aber den Rückgang des Weinbaus konnte man nicht verhindern, im Jahre 1927 gab es nur noch 16 ha Reben. Der letzte Kellermeister des Vereins war Robert Schneider, er war seit 1932 im Amt.

Der Verein löste sich Ende der fünfziger Jahre auf, als die Anbaufläche unter 1 ha gesunken war. Am 8. Februar 1958 beschloss die 62. Generalversammlung die Auflösung. Inzwischen sind es auf der (vergrößerten) Gemarkung wieder über 45 ha Rebfläche. An die Stelle des Weinbaus sind nun Obstbau und Fremdenverkehr als wirtschaftliche Grundlagen getreten.

Weinlese im Betrieb Lehle etwa 1980

 

Daten zum Weinbau


    08.11.1896: Versammlung zur Gründung eines Winzervereins mit 42 Teilnehmern.
    03.01.1897: Gründung des Wínzervereins Immenstaad durch Unterzeichnung der Statuten durch 61 Mitglieder.
    06.04.1897: Gesuch des Winzervereins an die Gemeinde um Uberlassung eines Grundstücks.
    im April  1897: Legt Stadtbaurneister Joseph Kaum aus Markdorf den Plan zur Erstellung eines Torkelgebäudes fiir den Winzerverein vor.
    im Mai 1897: Abfassung der Verträge mit Zimmenneister Dismas Stern und Josef Rebstein sowie den hiesigen Maurem zum Bau des Winzervereins-Torkelgebäudes.
    31.12.1897: Die Gemeinde entspricht dem Gesuch und überläßt dem Winzerverein einen Teil ihres Grundstücks hinter dem Rathaus (heute Bürgerhaus) zur Erstellung eines Trottengebäudes mit Gärlokal und Bühnemaum (Dachraum).
    um 1900: Sind in Immenstaad ca. 90 ha mit Reben bepflanzt.
    im Herbst 1955: Hat die Winzergenossenschafi den letzten Most an die Zentralkellereien in Breisach geliefert.
    1956/1957: Erhebliche Frostschäden, nur noch wenige ar Reben, zu großer Aufwand, wenig Erlös, damit Ende der Rebwirtschafi
    21.09.1970:  Besprechung nıit Bürgermeister Röhrenbach Kippenhausen Gutsveıwalter und Winzer Wilhelm Röhrenbach, dem Staatl. Weingut Meersburg und 7 Landwirten über den Wiederanbau von Reben am Hohberg.
    04.02.1972 Das Regiermıgspräsidium Südbaden in Freiburg genehmigt die Neupflanzung von Weinreben am Hohberg auf Gemarkung Immenstaad Kippenhausen, und zwar auf ca. 428 ar die Sorte „Müller-Thurgau“ und auf ca. 272 ar die Sorte „Blauer Spätburgunder“. Ausbau des Weines erfolgt bei der Winzergenossenschafi Hagnau.


Demnach könnte der Winzerverein (1997) sein 100-jähriges Jubiläum feiern. Der letzte Kellermeister des Winzervereins, Robert Schneider, lebte 1997 noch in der Hauptstraße.
Demnach konnte auch das 25-jährige Jubiläum hinsichtlich der Wiederentstehung des „Immenstaader Weines“ 1997 gefeiert werden.

 

 

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