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Michaelskapelle

300 Jahre St. Michaelskapelle in Immenstaad

2014 wurde die Michaelskapelle 300 Jahre alt.

Michaelskapelle in Immenstaad

Baugeschichte

1713 erbaute der mainauische Amtmann Johann Michael v. Brugger (1670-1730) außerhalb des Dorfes, an der Straße nach Hagnau, auf eigenem Weingarten eine Kapelle zu Ehren seines Namenspatrons, des Erzengels Michael. Sie wurde am 12.10.1714 eingeweiht. Die Kapelle kam von seinen Erben 1753 mit dem großen Grundstück südlich der Kirche an das Kloster Ottobeuren, mit diesem 1802 an den Kurfürsten von Bayern, der 1805 seinen ganzen Immenstaader Besitz an Privat, den Schwanenwirt Sigmund Mayer von Memmingen, verkaufte.

1855 gelangte die Kapelle von Johann Baptist Pfleghar für 50 Gulden an die Gemeinde; das Glöcklein, welches sich oben darin befand, wurde vorher an den Remettehof (am Gehrenberg) verkauft. Die Einwohner trugen durch Beiträge zur Renovierung bei, und erst 1961 erwarb für 500 DM die Pfarrei endgültig die St. Michaelskapelle samt 57 qm Fläche. Die Kapelle wurde durch eine Stiftung 1991 außen, 1994 innen renoviert und ist denkmalgeschützt.

Die Kaplanei

Brugger stiftete später auch das Benefizium für eine 2. Kaplanei am Ort, zu St. Michael und Sebastian. Er erhielt dafür 1723 die bischöfliche Genehmigung. Erste Kapläne wurden seine Söhne, Adam Joseph, der 1733 starb, und Ferdinand Maria, +1745. Die Kaplanei wurde nach 1831 nicht mehr besetzt. Zur Ausstattung stiftete Brugger 1500 Gulden und Rebgüter im Wert von 1000 Gulden, die Sebastiansbruderschaft ebenfalls 1500 Gulden und die Paramente; beide übernahmen die Herstellung der Wohnung des Kaplans im 2. Stock des Salz- und Torkelhauses, des heutigen "Schwörerhauses". Diese Wohnung stellte die Gemeinde kostenlos bereit und übernahm die Fronarbeiten samt dem Holz. Auch einen Keller mit Faß für acht Fuder erhielt der Kaplan. 1752 stifteten die Tochter Bruggers, Josephine Franziska Antonia, und ihr Mann Joseph Johann Georg von Sonntag, Oberamtmann zu Aulendorf, weitere 1200 Gulden.

Die Gemeinde durfte den Kaplan benennen, die Familie Brugger ihn aber präsentieren (vorstellen); nach dem Aussterben der Familie ging dieses Recht ebenfalls auf die Gemeinde über. Bürgersöhne sollten den Vorzug unter den Bewerbern haben, und möglichst etwas von Musik verstehen. Brugger hatte also erreicht, daß sich die ganze Gemeinde an seiner Stiftung beteiligte. Er war so eifernd („zelosus“, also hier vielleicht: verbissen) hinter seinem Vorhaben her, eine 3. Stelle für einen Geistlichen am Ort zu errichten, daß Pfarrer Burtscher auch deswegen nach Ravensburg wechselte

Brugger stammte aus hiesiger Familie, schon sein Vater Christoph war mainauischer Amtmann gewesen. Er wurde 1698 geadelt; nach dem Tode seiner Frau (+1725) studierte er in Dillingen und wurde Priester. Sein Grabmal befindet sich in der Kapelle rechts des Altars, an der Epistelseite.

Grabmal des Stifters Johann Michael von Brugger, 1730; Michaelskapelle

 

Es trägt sein Wappen und eine lateinische Inschrift, die übersetzt heißt: Sieh da, Wanderer, einen Brugger (Brückenmann), der hier im Leben seine Brücke zur Ewigkeit geschlagen hat. Er ruht schon beigesetzt am Altar, der Gründer der Kapelle, der hochwürdige, edle und gestrenge Herr Johann Michael von Brugger starb 61 Jahre alt am 12. Juli 1730. Bete recht für ihn und lebe wohl.  Das Wappen ist geviert, in Feld 1 und 4 ein Edelmann, der oben nach links, unten nach rechts gewendet ist; in Feld 2 und 3 befindet sich ein Zinnenturm im Wasser mit einer Brücke, die oben nach schräg (heraldisch) rechts, unten nach links führt; der Stechhelm trägt einen Männerrumpf, auf dessen Kleid befindet sich ein mit 3 Rosen belegter Pfahl, an seiner Mütze flattern zwei Bänder nach (heraldisch) links. Diese Schildzier halten zwei Engel rechts und links, mit Sanduhr und Sichel in der Hand.

Merkwürdig ist, dass der Mainauer Komtur Georg Christoph Rinck v. Baldenstein (1676-1688) ein ganz ähnliches Wappen führte; es ist in der Mainauer Kirche links im Schiff zu sehen. Vielleicht hat er Michael Brugger und seinen Vater, Hans Christoph, der von 1678 bis 1693 in Immenstaad Ammann war, besonders gefördert.

Unter der Inschriftkartusche ein Totenschädel über Gebeinen, und ein kleines Kreuz mit den 4 Buchstaben  A   C   D  V  an den Ecken:

A

C + D

V

(=cuius anima Deo vivat = dessen Seele in Gott ruhen möge).

Bis 1831 wirkten insgesamt 12 Kapläne an St. Michael. Ihr jährliches Einkommen betrug Anfang des 19. Jahrhunderts: 239 Gulden aus Zinsen und Jahrtagen, etwa 600 Liter Wein (zum Verkauf, nicht zum selber Trinken!), bei 1950 Gulden Kapital und 5800 qm Rebflächen.

Zur Kunstgeschichte

Der Barockbau ist nord-südlich ausgerichtet, der halbrunde Chor befindet sich im Süden. Je zwei Pilaster außen an den vorderen Ecken und am Übergang zur Chorrundung sowie ein Dachgesims gliedern den Bau. Die Eingangsseite ist durch einen geschweiften Giebel und ein breiteres, das Dachgesims fortsetzendes und ein schmaleres Gesims horizontal, sowie durch den rundbogigen Eingang beidseitig einfassende Pilaster vertikal hervorgehoben. Wie alte Bilder zeigen, hat das Giebeldreieck seine seitlichen barocken „Locken“ im Laufe der Zeit verloren, man hat sie „vereinfacht“.

Deckenfresko im Chor der Michaelskapelle, Hl. Dreifaltigkeit J.J. Zeiller

Je ein großes und ein kleines rundes Fenster durchbrechen die Seitenwände. Ein ehemaliger Nebeneingang an der Ostseite ist zugemauert und nur noch von innen durch eine Nische erkennbar. Die vorherrschenden Farben außen und innen sind weiß und rosa.

Eine frühe Darstellung der Kapelle (Ansicht von Nordwesten) befindet sich auf dem Erinnerungsbild an die Seegfrörne von 1695, das jetzt im Heimatmuseum hängt; eine etwas geänderte Kopie - insbesondere die erste bildliche Darstellung der Immenstaader Kirche! - besitzt das Rosgartenmuseum in Konstanz; J.X.Ziegler hat sie 1806 gemalt. Das Originalbild kann jedoch erst nach 1713 entstanden sein, beide Bilder tragen das Bruggersche Wappen.

Über der Eingangstür befindet sich in einer Nische eine Holzfigur des Hl. Nepomuk, Schutzheiligen der Schiffer. Die Figur des Nepomuk über dem Eingang außen könnte, wenn sie alter Bestand ist, evtl. damit zusammenhängen, daß gegenüber der damals noch offene Dorfbach in einem tiefen Graben neben der Straße floß und eine Brücke darüber zur Kirche führte. Erst um 1936 wurde der Bach verdohlt.

Das Oberteil der Holztür trägt die lateinische Inschrift: "TVTELAE DIV  MICHAELIs se suos suaque omnia devotissime comendat Ioannes Michael de Brugger Sacelli huius primus Fundator Conditor et Dotator", auf deutsch: "Dem Schutz des hl. Michael empfiehlt sich, die Seinen und all das Seine auf das Gottergebenste Johann Michael von Brugger, der erste Gründer, Erbauer und Stifter dieser Kapelle". Gemäß damaligem Brauch läßt sich aus den größer [hier: fett] geschriebenen Buchstaben der ersten Zeile der Inschrift das Baujahr errechnen: in römischen Zahlzeichen ergibt sich nämlich: M+D+C+L+L+V+V+III = 1713; dabei ist wohl bei einer späteren Renovierung ein Fehler, E statt L, unterlaufen.

Der Chor ist durch einen Pilaster an beiden Seitenwänden und einen Sturz an der Decke, der mit Stuck versehen ist, vom „Schiff“ getrennt. Früher, noch nach dem 2. Weltkrieg, war eine kleine Empore über dem Eingang, auf der sich ein Harmonium befand. Dies berichten ältere Einwohner. Vielleicht führte zu ihr der ehemalige Nebeneingang links. Wann die Empore beseitigt wurde, ist unbekannt; vermutlich nach dem Auszug der Evangelischen Kirchengemeinde, der die Kapelle von 1941 bis 1956 als Gotteshaus diente.

In dem Rokokoaltar sind Reliquien der Märtyrer Pazifikus und Theodor sowie des Bischofs Konrad beigesetzt. Das Altargemälde, in einem herrlichen geschweiften Rokokorahmen, zeigt St. Michael mit der Seelenwaage, wie er den Satan aus dem Himmel stürzt, mit der Inschrift: "Quis ut Deus", also: "Wer ist wie Gott?". Es stammt von J.J. Zeiller (1708-1789), dem auch das Deckenfresko der Hl. Dreifaltigkeit im Chor zugeschrieben wird, und soll nach 1755 entstanden sein.

Altar und Altargemälde St. Michael von J.J. Zeiller nach 1755

An der Westwand hängt ein Gemälde mit der Darstellung des „Ecce Homo“, das Herr Leinmüller in Ravensburg vor einigen Jahren restauriert hat und dessen Maler nicht bekannt ist. Das Bild wurde früher jeweils zur Passionszeit vor dem alten Hochaltar der Pfarrkirche aufgehängt. Die Kreuzigungsgruppe, mit Maria und Johannes, die links über dem ehemaligen Nebeneingang hängt, gehört wohl zum alten Bestand der Kapelle.

Die Decke im Schiff wirkt durch eine hübsche gemalte Kuppel, deren Zentrum jedoch kein figürliches Motiv enthält, optisch höher; 2 palmtragende Engel schweben am Rand. Die Rosenkranzgeheimnisse, die nun im neuen Schiff der Pfarrkirche angebracht sind, waren früher in der Kapelle, solange bis von den 15 Medaillons zwei gestohlen wurden; sie sind nicht wieder aufgetaucht.

Wolfgang Trogus

 

Deckengemälde im Schiff der Michaelskapelle

 

Quellen und Literatur

[1] F.X.C. Staiger: Meersburg am Bodensee..., 1861, S.221-223

[2] H.Oechsler: Die Beneficien der hll. Jodocus; Michaelis und Sebastianus. In: Freib. Diöc.-Archiv, 1898, S.193 -220.

[3] D. Hallmanns: Drei heimatliche Kostbarkeiten im Rathaussaal. In: Imm. Heimatblätter 4, 1980, S.84.

[4] W. Trogus: Zur Geschichte der Immenstaader Pfarrei. In: Imm. Heimatblätter 7, 1983, S. 94-129, spez. S. 108- 113.

[5] H. Hosch: Franz Anton Maulpertsch und Süddeutschland. In: SchrrVGBodensee 108, 1990, S.160-195; spez. S.181 und 195 (Abb. des Altargemäldes).

[6] B. Gonschor: Der Bodensee in alten Ansichten. Die Sammlung im Rosgartenmuseum. 1991. S. 23.

[7] E.Schulz/ E.Kuhn/ W.Trogus: Immenstaad - Geschichte einer Seegemeinde, 1995. Spez. S. 318 (U. Knapp) und 350/351.

[8] G.Jehle: Die Eigentümer des Hauses Hauptstr. 5. In: Imm. Heimatblätter 16, 1996,  spez. S.46.

[9] J.B. Berger: Immenstaad und seine Bewohner seit Mitte des vorigen Jahrhunderts. 1917. Manuskript. Teil 2, S.4.

[10] Pfarrführer Immenstaad und Kippenhausen, 1941.

[11] Kindler v. Knobloch, S.169.     

[12] Mitteilung Fr. Eva Moser

[13] W. Trogus: Die Seegfrörne vor 300 Jahren. In: Immenstaader Nachrichten, 27.1.1995.

[14] K. Conradi: 50 Jahre evangelischer Gottesdienst in Immenstaad. In: Imm. Hbl.8, 1984, S. 118-124

[15] Siehe auch Heft 17 der "Immenstaader Heimatblätter", mit Abbildungen, S.181-194.

[16] Manfred Hermann: Kath. Pfarrkirche St. Jodokus, Immenstaad. 2000, Kunstverlag Josef Fink.

[17] Mitteilung Pater Rupert Prusinovsky, Ottobeuren.

 

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