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Schloss Hersberg

Die Geschichte des Schlosses Hersberg

( Vortrag anlässlich des Tags des offenen Denkmals am 11. September 2016 )


Luftaufnahme Hersberg mit Ort um 1920

Luftaufnahme Hersberg mit Ort um 1920

Auch ich heiße Sie herzlich willkommen auf dem „herisberch“ über der Westumgehung von Immenstaad. „herisberch“  bedeutet so viel wie lang gezogener Bergrücken, es ist ein Eisrand , den  der Rheintalgletscher in der letzten,der Würm-Eiszeit, hier abgegraben hat, natürlich  noch ohne den prächtigen Bau auf seiner Höhe!
Ich möchte Ihnen nun einiges aus der Geschichte des Hersberg berichten, denn manches Gebäude-Ensemble ist mit seinem geschichtlichen Hintergrund besser einzuordnen und zu bewerten.

1276 / 77 hören wir zum 1. Mal vom „herisberch“ , den 3 Brüdern Konrad, Berthold und Heinrich. Mehr geben die Quellen nicht her, eben so wenig später genannte Flurnamen.

Wirklich informativ wird es 1466, als ein Jos Rudolf von Überlingen mit dem Hersberg belehnt wird. Jos stammt aus einem bekannten, ratsfähigen Geschlecht aus Oberschwaben und kam über Ravensburg, Markdorf – wo sein Bruder Bürgermeister war – nach Überlingen. Bald wurde er dort nicht nur zum Bürger, sondern auch zum Patrizier erhoben. Er erhält die niedere Gerichtsbarkeit in einem Umland von 4 ha. und nennt sich bald „Junker von Hersberg“- der Name Hersberg wird zum Familiennname bis zum Aussterben des Geschlechts 1632. Ob er damals schon das Wappen mit den 3 goldenen Glocken führte, ist nicht bekannt.

1536 will sich Hersberg ausdehnen. Es erwirbt eine Taverne am Kippenhorn – es liegt in gerader Linie zum See. Eine Taverne dürfte immer mit wirtschaftlichem Betrieb verbunden sein, hier war es bestimmt der Zugang zum See, denn Wasserwege waren damals wesentlich wirtschaftlicher als die holprigen Landwege. Immenstaad machte es den Hersbergern schwer – es gestand ihm z. B. nur 5 Fuß Boden um das Anwesen zu und so verkaufte man die Taverne bald wieder.

Luftaufnahme Hersberg um 1959

Luftaufnahme Hersberg um 1959



14 Jahre später, 1550 (manche Quellen nennen 1600) hatte Hans Rudolf größere Pläne. Das bis dahin bestehende „Stammschlösschen“, ein hölzerner Bau auf steinerner Stütze samt einem Ökonomiegebäude , wurde durch den dreiflügeligen Frontalbau mit den markanten Treppengiebeln ersetzt. (Auch Kirchberg baute damals neu mit Treppengiebeln!). Hinzu kam ein Keller im W und O und ein großer Turm im O.

Bemerkenswert ist, dass der Hersberger 1 Jahr nach Baubeginn sein Lehensgut an den Grafen von Heiligenberg (damals schon Fürstenberg) verkaufte mit der Einschränkung eines Rückkaufrechts. Wollte er von Überlingen unabhängiger werden? Natürlich gab das nicht nur Streit, sondern ach zahlreiche Prozesse mit Überlingen.
Im Jahr 1565 kaufte der Sohn des Bauherrn das Lehen für 400 Gulden zurück. Doch der Streit mit Überlingen endete erst nach 40 Jahren mit einem Vergleich, und der war alles andere als günstig für den Hersberg: das Niedergericht wurde auf und um den Hersberg beschränkt, es durfte nur eigener Wein , bzw. Schuld-, Zehnt- und Zinswein ausgeschenkt werden ( eine erhebliche wirtschaftliche Einbuße!) und Überlingen behielt sich ein Vorkaufsrecht ein , konnte es allerdings, geschwächt durch den 30-jährigen Krieg ,nie einlösen ( man denke an die Schwedenprozession!)
Zwischendurch gab es noch Ärger mit Kippenhausen um Weiderechte und auch der Hof eines Gebhard durfte nur eine beschränkte Zahl von Rindern halten.
Andere Quellen berichten noch von weiteren Prozessen , doch darauf möchte ich nicht weiter eingehen. ( Sie können sich an der Chronik hier im Eingangsbereich genauer informieren.)

 Im Jahr 1611 starb Georg Friedrich von Hersberg. Sein Grabschild mit dem Wappen können Sie in der Kippenhauser Kirche an der Orgelempore sehen mit den o.e. 3 goldenen Glocken auf einem roten Band in Form eines auf dem Kopf stehenden V auf blauem Grund, denn der Hersberg gehörte zur Pfarrei Kippenhausen.

Schon 4 Jahre später, 1615, starb sein Sohn, Ferdinand von Hersberg. Er hinterließ 4 minderjährige Kinder, für die 2 Vormünder bestellt wurden. Das Gut war so hoch verschuldet, dass die Witwe Barbara Sybille von Stein zu Klingenstein in einen Verkauf einwilligen musste. Schulden lagen auf ein um 1600 noch erworbenes Reb- und Ackerland, allein 7000 Gulden Schulden bei Überlingen neben anderen Gläubigern, auf  Umbauten des Schlossareals, standesgemäßen Heiraten in der Familie, dazu kam die schlechte Zahlungsmoral der Habsburger an die in ihren Diensten stehenden Hersberger Junker. Die Witwe zog mit ihren Kindern auf ihr Gut in Berg. Das war 1618, als auch noch einer ihrer Jungen verstarb.

Schloß Hersberg um 1970 klein

Schloß Hersberg um 1970


Zwischen 1618 und - 1621 erwirbt nun das Benediktinerkloster Ochsenhausen das Gut. Abt Bartholomäus Ehinger kauft das Anwesen für 31 700 Gulden, bedient alle Zins-und Kapitalschulden, auch die o.e. 7000 Gulden an Überlingen, bezahlt allerdings in den neuen abgewerteten Münzen ( ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt!). Wichtig war ihm der Weinbau, wie allen damals agierenden Klöstern, so z.B. Ottobeuren in Immenstaad, Weingarten u.a. in Kippenhausen, Salem (schon lange) in Kirchberg. Man muss nur bedenken, dass ein Mönch damals Anrecht auf ¼ l Wein am Tag hatte!

Doch 1632 bot der Hersberg Abt Bartholomäus noch eine ganz andere Nutzung! Die Schweden hatten  inzwischen fast ganz  Oberschwaben überrannt (wir befinden uns im  30-jährigen Krieg) und  so floh in der Nacht zu Palmsonntag der Abt hierher. Doch bald ging seine Flucht weiter: über den See nach Rorschach,  St.Gallen und schließlich in den Bischofssitz nach Konstanz, wo schon viele Kleriker Zuflucht gefunden hatten. Leider verstarb dort noch im selben Jahr – am 2. Dezember- der Abt. Noch in Konstanz wurde Alphons Kleinhans zu seinem  Nachfolger gewählt

Dieses Jahr besiegelte auch das Aus des Geschlechts derer von  Hersberg: im o.e. „Schwedenkrieg“ fiel der 2. Sohn der Witwe Barbara  Sybille von Hersberg und damit war das Geschlecht im „Mannesstamm“ ausgestorben.

Der neue Abt musste sich erst um das stark zerstörte Kloster in Ochsenhausen kümmern , er baute es in dem neuen Baustil des „Barock“ aus , bzw. um.
Ab 1670 konnte er sich auch um den Hersberg kümmern. Auch der wurde im Barockstil um-,bzw. ausgebaut. Über den Mittelbau wurde das Belvedere-Türmchen aufgesetzt, der große Turm im  O wurde abgerissen, dafür der O-Flügel verlängert, 2 weitere Keller gebaut, im Innenhof gab es einen fließenden Brunnen, im Haus wurde die Schlosskapelle barockisiert, auch noch mit einem Gnadenstuhl versehen, teilweise wurden Stuckdecken eingezogen. Die Umbauten gingen mit etlichen, auch unliebsamen Unterbrechungen bis ins Jahr 1730.

Die erstärkte wirtschaftliche Macht ließen auch die klösterliche Souveränität erstarken und so erreichte Hersberg 1779 schließlich die volle Landeshoheit und hohe Gerichtsbarkeit von Heiligenberg / Fürstenberg, zur gleichen Zeit wie auch Kirchberg.

Doch nur 24 Jahre konnte man sich an der erweiterten Machtfülle freuen.
Der Reichsdeputationshauptschluss 1803 durch Napoleon säkularisierte alle Kirchengüter – ein billiger Ausgleich für die rechts des Rheins enteigneten adligen Besitztümer. Ochsenhausen und damit Hersberg fiel an Wenzel von Metternich, den Vater des österreichischen Staatsministers, den wir vom „Wiener Kongress“ 1815 alle kennen. Somit war der Hersberg eine württembergische Exklave im Großherzogtum Baden.

1830 wurde der Hersberg an den württembergischen Legationsrat Friedrich Christian Gremp von Freudenstein verkauft.  Er selbst lebte nie dort, nur 2 „Bewohner“, wahrscheinlich Verwalter.

8 Jahre später aber kehrte Leben ein. Für 48 000 Gulden erwarb Fürst und Altgraf Konstantin v. Salm-Reifferscheidt-Krautheim „das Rittergut in ausnehmend schöner Lage mit herrlicher Aussicht“. Diese Familie lebte bis 1929 auf dem Hersberg.
Und 1846 gelang dem Fürsten endlich durch einen Tausch mit Waggershausen , den Hersberg unter badische Landeshoheit zu überführen. Der Hersberg kam als selbständige Gemarkung zur Gemeinde Immenstaad. Was war so schwierig an diesem Tausch? Für den württembergischen Hersberg war nur das Amt in Tettnang zuständig, denn es galten württembergische Hoheitsrechte, das hieß,  badischen Beamten war sogar der Zugang zu den Parzellen streng verboten , erst recht der Kauf durch „Ausländische (sprich Badener)  von diesseitigen (sprich württembergischen) Flurstücken“.
Konstantin ließ die Schlosskapelle restaurieren, gestaltete die Außenanlagen im englischen Stil ( sind die beschrifteten Bäume im Park eine Relikt an diese Zeit?), errichtete einen noch heute existierenden Familienfriedhof – war der Tod seiner erst 17 Jahre alten Tochter Franziska 1852 der Auslöser? Er soll ein sehr umgänglicher, wohltätiger Herr gewesen sein. Nicht alle sahen das wohl so. Das hat mit dem sogenannten „Droste-Zimmer“ zu tun. Seine Frau Charlotte v. Salm war eng befreundet mit Annette v. Droste-Hülshoff und der Familie Lassberg von der Meersburg, ihre Schwester Jenny war Lassbergs Frau. Man besuchte sich häufig (das war 1844-47 , im Frühjahr darauf starb Annette). Etwas überheblich meinten die belesenen Herrschaften: Man wisse nicht, „was mit ihm (Konstantin) reden, denn er habe von seinen Studien wohl nicht sonderlich profitieret.“ Wie Konstantin sich wohl in ihrer Gesellschaft gefühlt hat?

Die Erben lebten ebenfalls teils ganzjährig, teils nur im Sommer auf dem Hersberg.

Ab 1900 ging es überall mit dem Weinbau abwärts, man pflanzte nun Hopfen und Obst an, was längst nicht so lukrativ war, auch wenn der Gutsverwalter Haug in seiner 20-jährigen Tätigkeit bis 1919 alles versucht hatte. Im 1. Weltkrieg wurden noch rumänische Arbeitskräfte, dann polnische Kriegsgefangene dort einquartiert.
1924 kam der Hersberg nun vollständig zur Gemeinde Immenstaad, da mussten Steuern, die Wasserversorgung, das Jagdrecht u.a. hart verhandelt werden.
In diesem Jahr verunglückte auch noch Fürst Alfred tödlich. Andere familiäre Probleme kamen noch hinzu. So entschloss sich Fürst Franz Josef zu Salm-Reifferscheidt-Dyck 1929 Schloss und Gut Hersberg für 130 000 Reichsmark an die „Gesellschaft vom Katholischen Apostolat“ (SAC), die Pallottiner, zu verkaufen. Seiner Ansicht nach „gebe er den Familienbesitz in gute Hände“. Zu  Recht, wie wir heute sehen.
1930 eröffneten die Pallottiner das Spätberufenen-Seminar „St Josef Hersberg“. Es ging aus dem „St Josef-Heim“ in Konstanz hervor, dessen Räumlichkeiten zu klein geworden waren.
Im selben Jahr begannen die Schüler mit dem Bau der Lourdes-Grotte, die Sie hinter dem Haus im Park finden können, ein sehr beliebter Ruhepunkt für Viele.

Schon 10 Jahre später, 1940, lösten die Nationalsozialisten die Schule auf und belegten sie mit Bessarabien-Deutschen, später einem Slowenenlager ( bis Juli 1945). Pater Kruck blieb mit 2 Helfern, um die Landwirtschaft wenigstens versorgen zu können.
Ende des Krieges gelang es in einer dramatischen und fast husarenartigen Aktion 22 sog. Sippenhäftlinge zu retten, die Himmler bereits zur „Liquidierung“ freigegeben hatte und die Pater Kruck in Urnau verstecken konnte. (Hier können Sie Details nachlesen - Hersberg und die Sippenhäftlinge -)

Link zur Geschichte der Befreiung der Sippenhäftlinge auf der Seite von St. Josef Hersberg der Pallottiner

 

Südansicht Schloss Hersberg um 1980

Südansicht Schloss Hersberg um 1980


Bis 1947 blieb der Hersberg französische Kaserne. Dann konnten das Seminar und das Internat wieder eröffnet werden.
Der Ostflügel wurde 1956 angebaut und 1960 kam der Bau der Ökonomie dazu.

!966 wurde ein Aufbaugymnasium eingerichtet, daher war 2 Jahre später ein großer Schulneubau unumgänglich. 1980 hatte die Schule  120 Schüler, leider ging die Schülerzahl zurück, der letzte Abiturjahrgang 1992 hatte nur noch 45 Schüler. So wurde die Schule geschlossen und der Hersberg in ein Bildungshaus umgewandelt.
Im Oktober 1994 konnte Rektor Pater Buhleier das „Geistliche Haus der Pallottiner“ feierlich einweihen. Die vielen Kurse, Tagungen, Vorträge und mehr erfreuen sich großer Beliebtheit.
 
Doch darüber sollten lieber Sie, Pater Becker, unsere Besucher informieren, wenn Sie uns nun Ihr Haus zeigen. Vielen Dank für Ihre Mithilfe und Bereitschaft, uns Einblicke in Ihr Haus zu gewähren.

Heide Budde

Stich Hersberg um 1840

Stich Hersberg um 1840

 

Link zur Geschichte des Hersbergs auf der Seite der Pallottiner

 

90 Jahre Pallottiner auf Schloss Hersberg, Link zum Bericht in der Schwäbischen Zeitung

90 Jahre Pallotiner auf Hersberg Schwäbische Zeitung

Bruder Alois Messer (links) hat im Glockenturm von St. Josef Hersberg eine zweite alte Benediktiner-Glocke oberhalb der nach unten sichtbaren Glocke aus dem 18. Jahrhundert entdeckt. Zum Jubiläum €ž90 Jahre Pallottiner auf dem Hersberg im Jahre 2019 wollen Pater Rektor Hans-Peter Becker (rechts) und seine Glaubensgemeinschaft den Glockenturm renovieren lassen. (Foto: Heidi Keller, Schwäbische Zeitung)

 

Link zu einem Bericht im SÜDKURIER: Die wechselhafte Geschichte der Pallottiner auf Schloss Hersberg


 

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