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Immenstaad wird badisch

1806 wurde Immenstaad badisch

Weltgeschichte aus örtlicher Sicht

von Wolfgang Trogus

 

Vortrag zum Neujahrsempfang der Gemeinde am 8. Januar 2006 im Rathaussaal

 

Die Gemeinde Immenstaad ist seit über 200 Jahren badisch.  Wie kam es dazu?

Was bedeutet das heute noch? Wieso erinnern wir uns daran und feiern es?     

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Bodensee-Karte von 1798

 

Zunächst als Motto:

Wer in der Zukunft lesen will, muß in der Vergangenheit blättern  (André Malraux)

Lassen Sie sich also in eine Zeit entführen, die uns ziemlich ferngerückt ist; eine Zeit, in der auch Ihre Vorfahren gelitten und Umstürze des Weltbilds erlebt haben.

 

Krieg

Am Anfang stehen die Französische Revolution und Napoleon. Im deutschen Südwesten war die Sympathie für die Ziele der französischen Revolution zunächst groß; aber sie kam hier nicht als Befreiung an, sondern als Krieg.

Die revolutionären Heere hatten seit 1792 die gegnerische Koalition der Fürsten besiegt, und der General Napoleon Bonaparte eilte von Sieg zu Sieg. Der General Moreau drang 1796 in den Schwarzwald und nach Schwaben vor. Im Juli 1796 marschierten nach den Kaiserlichen französische Truppen durch Markdorf und hatten im Oktober ihr Quartier dort; sie eroberten Bregenz. Auf dem Rückzug besetzten sie Hofen, Fischbach, Lipbach, Bergheim und Leimbach, bis sie abziehen mußten. Von Immenstaad wird nichts berichtet; doch auch unser Dorf hat unter den Requisitionen beider Kriegsparteien gelitten, wie noch erzählt wird.

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Napoleon Bonaparte

 

Der Markgraf von Baden, Karl Friedrich, - der damals am Bodensee noch keinerlei Besitzungen hatte - schloß im August einen 1. Frieden mit Frankreich und trat seine (geringen) linksrheinischen Besitzungen ab. Zur Kompensation versprach Frankreich ihm (in geheimen Artikeln des Pariser Friedens) das Bistum Konstanz mit der Abtei Reichenau und Oehningen und weiteres; doch ratifizierte der Markgraf die weiteren harten Bedingungen des Vertrages erst im Oktober 1797.

Im Jahre 1798 erfreute sich Deutschland eines kurzen, trügerischen Friedens. Nach den Friedensschlüssen von Basel und Campo Formio mit Frankreich 1795 und 1797 hatte man etwas Zeit zum Atemholen. In Rastatt tagte der Friedenskongreß, jedoch vergeblich, denn das Heilige Römische Reich Deutscher Nation hatte beim Ansturm des revolutionären Frankreich bereits das gesamte linke Rheinufer verloren, und den Fürsten, die dort Besitz hatten, war auf Kosten der geistlichen Territorien Ersatz versprochen worden. Frankreich gedachte nichts herauszugeben, so daß im nächsten Jahr, 1799, die Waffen wieder klirrten.

Doch auch schon 1798 lehrte ein Blick über den See, daß die augenblickliche Ruhe nur täuschte. Nach Drohungen und auf Anstiften Frankreichs wurden überall Freiheitsbäume in der Schweiz errichtet und die Feudalherrschaft gestürzt. Am 3.3.1798 wurde der Thurgau von der Untertanenpflicht freigelassen und 1803 als gleichberechtigtes Glied in die Helvetische Republik aufgenommen.

Im Verlauf der Kriege erschienen, wie Max Wetzel in der Markdorfer Stadtgeschichte ausführlich berichtet, am 17. März 1799 wieder Franzosen in Markdorf und schlugen die Kaiserlichen zurück. Sie mußten aber weichen, und Erzherzog Karl von Habsburg schlug am 21. und 25. März bei Ostrach und Stockach den General Jourdan. Dabei fiel Erbgraf Karl von Fürstenberg. Zwei Gemälde im Rathaus Markdorf zeigen die durchmarschierenden Truppen. Die Dörfer litten noch mehr als vor 3 Jahren. Die Gemeinde Immenstaad berechnete die seit 1793 aufgelaufenen Kosten auf 50 000 fl, ohne den Schaden der Bürger durch Beraubungen, Plünderungen, Zerstörungen usw.

Durch einen Staatsstreich machte sich Napoleon zum 1. Konsul der Republik Frankreich und schlug die Österreicher erneut. Der Krieg verwüstete im Jahre 1800 Oberschwaben wiederum, Napoleons Generäle siegten bei Wahlwies und Meßkirch, und besetzten Salem, Pfullendorf, Heiligenberg und erneut Markdorf, zum 3. mal. In Immenstaad begannen die Einquartierungen 1800 durch Kaiserliche am 2. Januar; am 7. Mai kamen die Franzosen. Der Dorfmeister Anselm Rebstein berichtet: " und dann war der 7te May einer der fürchterlichsten Tage, wo uns zu Land die Kaiserlichen verlassen und Nachmittag um 3 Uhr kamen einige Franzosen zu Pferd und zu Fuß. Die Kaiserliche Flotil aber rückte an und feuerte über unser Dorf los, daß sie neben der Kirchen 26 Häuser durchschossen und gegen 300 Kanonenschuß auf unser Dorf losbrannte, wo sich die meisten Leuth in die Keller verbargen."

Insgesamt mußte Immenstaad bis Mai 1801 fast 21 000 Manntage Verpflegung  leisten und 74 000 fl. Kosten tragen – eine Millionensumme in heutiger Währung!   

Eine Anekdote am Rande: im Heiligenberger Amtsprotokoll steht: Rauber Anton alt verlangt am 13 Januar 1800 Schadensersatz für den in der Karwoche (17. bis 23. März) 1799 an „französische Patrioten“ [d. h. Soldaten!] abgegebenen Branntwein; für 15 Maß Obstler à 40 xr erhält er nur 1 fl 22 xr 4hr, er beklagt also einen Verlust von 8 fl 32 xr 4 hr. Das Maß enthielt um 1,4 Liter (?), also waren es um 21 Liter Schnaps.

Am 9. Februar 1801 wurde der Friede von Lunéville geschlossen, er war Grundlage für den Umsturz der Reichsverfassung. Frankreich erhielt das gesamte linke Rheinufer. Die Klöster wurden enteignet und der Markgraf von Baden wurde zunächst Kurfürst.

 

Die Aufhebung der Klöster

"Alte Klöster – neue Herren“ war das Motto der Landesausstellung 2003 in Schussenried zum 200. Jahrestag der Aufhebung der geistlichen Staaten in Deutschland und fast aller deutschen Klöster, der sogenannten Säkularisation. Auch für Immenstaad war sie von großer Bedeutung.

"Säkularisation der Kirchengüter ist die einseitig von der Staatsgewalt vorgenommene Einziehung kirchlichen Vermögens und die Bestimmung desselben zu weltlichen oder wenigstens nicht unmittelbar kirchlichen Zwecken", so lautet die klassische Definition im Kirchenlexikon 1897.  Doch  wurde 1803 nicht nur das Vermögen eingezogen, sondern vor allem auch die Herrschaftsrechte der geistlichen Territorien übernommen, die Klöster als Institutionen aufgelöst und damit die Reichsverfassung zerstört. Nur das Vermögen der Pfarrgemeinden blieb ausdrücklich erhalten.

Der Frieden von Lunéville bot die Rechtsgrundlage für "die politisch perverse Idee", die weltlichen Fürsten und Herren für ihre Verluste durch Übernahme der geistlichen Territorien und Einziehung des kirchlichen Vermögens (sowie der Reichsstädte) zu entschädigen. Man muß sich das einmal vorstellen -  es war ein unerhörter Vorgang in der damaligen Weltordnung.

Ein Ausschuß des Reichstags in Regensburg (die "Reichsdeputation") verteilte, unter französischer und russischer (!) Aufsicht, die Güter. Ohne die maßlose Bestechung der französischen Minister lief allerdings nichts. Um sich die Beute zu sichern, besetzten die Fürsten bereits im Herbst 1802 die ihnen zugedachten Territorien, obwohl der Beschluß – der berühmte "Reichsdeputationshauptschluß" - erst im Frühjahr 1803 rechtskräftig wurde.

 

Die handelnden Personen

Napoleon Bonaparte, geb. 1769, regierte 1799-1804-1815, + 1821

Kaiser Franz II. von Habsburg-Lothringen, Enkel der Maria Theresia, geb.1768, regierte 1792 bis 1806, bzw. bis 1835 in Österreich

Karl, Erzherzog von Österreich, 1771-1847, Sohn des Kaisers Leopold II., Generalfeldmarschall, Sieger von Aspern 1809 (wo auch einige Immenstaader mitkämpften und fielen)

Karl Friedrich, Markgraf von Baden, geb.1728, reg. 1738 (1746 volljährig)-1811, Kurfürst 1803, Großherzog und  „Kgl. Hoheit“ 1806; durch seine 7 Kinder wurde er „Schwiegervater Europas“. 1783 hob er die Leibeigenschaft auf; auf dem Gedenkstein in Eutingen heißt es deswegen: „Hier ist der edelste Mann Fürst“.

Seine 1. Frau, Karoline Luise v. Hessen-Darmstadt (1723-1783)

Karl Joachim, Fürst von Fürstenberg, reg. 1796-1804. Letzter seiner Linie. Ihm folgte der Sohn seines Vetters Karl (geb. 1760), der bei Stockach gefallen war:

Karl II., geb. 1796, reg. 1804, unter Vormundschaft,  bis 1854

Joseph v. Laßberg, 1770-1855, fürstenbergischer Landesforstmeister, Geheimrat, Germanist, Besitzer von Helmsdorf und der Meersburg, Berater, Geliebter und heimlicher Gatte der

Mutter des Fürsten, Elisabeth geb. von Thurn und Taxis, geb. 1767, + 1822. Ihr gemeinsamer Sohn, geb. 1807, +1874, erhielt den Namen Hermann v. Liebenau.

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Elisabeth, geb. von Thurn und Taxis

 

Franz Xaver KARL, geb. um 1748,  + 1809, ertrunken in der Lippach, Oberamtmann von Immenstaad seit 1782

Anselm Rebstein, geb. 1758, + 1831, Dorfmeister 1800-1803, Vogt seit 1816, bis 1823

Kaspar Öchsle, geb. 1752, + 1820 in Kirchberg, letzter Abt von Salem 1802-1804, mit einem langen Nachruf im Kirchenbuch Immenstaad

Anselm Ritter, Abt von Weingarten 1784 bis 1803, + 1804

Paul Alt, Abt von Ottobeuren 1802-1803, + 1807. Das Wappen seines Vorgängers Honorat Göhl kann man noch heute am Haus Hauptstr. 5 sehen.

Romuald Weltin, Abt von Ochsenhausen 1767-1803

- alle 4 Äbte verloren 1803 ihr Amt

Wilhelm I, Fürst von Nassau-Oranien, König der Niederlande 1815-1840, + 1843, Herr von Weingarten samt Hagnau 1803-1806.

 

Baden erhält den Linzgau

Markgraf Karl Friedrich erhielt 1803, neben vielem anderem, am Bodensee zunächst die Reichsstifter Salem und Petershausen, das Bistum Konstanz und die Reichsstädte Überlingen und Pfullendorf mit ihren Gebieten.

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Karl Friedrich

1804 krönte sich Napoleon zum Kaiser, und ab September 1805 und 1806 zogen wieder französische Truppen durch den Linzgau. Dazu wird im Ort heute noch folgende Anekdote so oder ähnlich erzählt: Als die französischen Truppen in den napoleonischen Kriegen durch Immenstaad Richtung Buchhorn marschierten, standen zwei wunderfitzige Knaben an der Hauptstraße und schauten zu. Da griff sich ein französischer Offizier die beiden, gab ihnen eine kräftige Ohrfeige und sie mußten die Truppen Richtung Buchhorn führen. Es wurde dunkel und sie bekamen Laternen. Als sie den Manzeller Wald erreichten, ergab sich eine günstige Gelegenheit; sie löschten die Laternen und ergriffen die Flucht. Angeblich suchte man die ganze Nacht nach ihnen, aber sie konnten gut klettern und hatten sich auf den Bäumen versteckt.

Erst morgens um 6 Uhr kamen sie nach Hause. Es waren Söhne von "Vorderhusers" oder "Hinterhusers" (heute Hauptstraße 43), einem Grundstück, worauf über 200 Jahre Rebsteins saßen.

Ende 1805 schlug Napoleon bei Austerlitz die gegnerische Koalition vernichtend. Danach kam, neben dem Breisgau, die Deutschordens-Komturei Mainau zu Baden. Die Reichsverfassung war unhaltbar geworden, Napoleon gründete den Rheinbund. Durch den Vertrag vom 12. Juli 1806 wurde Restdeutschland ein Staatenbund souveräner Staaten, das Heilige Römische Reich war erloschen. Bumiller drückt es sehr deutlich so aus: „Die Unterzeichnung der Rheinbundakte bedeutete nichts weniger als Hochverrat“ am deutschen Kaiserreich. Kaiser Franz II. legte am 6. August die deutsche Kaiserkrone nieder.

In nur 3 Jahren hatte Napoleon die politische Landkarte Südwestdeutschlands völlig umgestaltet.

Baden wurde weiter vergrößert, für 8 verlorene Quadratmeilen erhielt es insgesamt 218, also über 27 mal soviel, im Linzgau  u.a. die Grafschaft Heiligenberg, die dem Fürsten von Fürstenberg gehörte, und Teile der Klostergebiete von Weingarten und Ottobeuren.

Inbegriffen waren alle Abteien, auch das letzte arme Klösterchen innerhalb der gewonnenen Gebiete, und die Reichsritter. Der Linzgau war damit badisch geworden. Petershausen und Salem wurden gleich den nachgeborenen Söhnen Karl Friedrichs als Privateigentum überwiesen. Er wurde Großherzog und hatte Napoleon 8000 Mann Soldaten zu stellen. Der Erbprinz Karl von Baden mußte die Adoptivtochter Napoleons, Stephanie von Beauharnais, heiraten – Sage von Kaspar Hauser.

 

Die Veränderungen in Immenstaad

Wie war es in Immenstaad? Nachdem Fürstenberg 1779 und 1783 die Herrschaftsrechte von Weingarten und Mainau erworben hatte, war es 23 Jahre lang alleiniger Ortsherr von Immenstaad. Doch: in Kippenhausen und Frenkenbach, auch in Hagnau, herrschte 1802 der Abt von Weingarten, in Kirchberg der Abt von Salem, auf Hersberg der von Ochsenhausen und in Helmsdorf gar Joseph Anton v. Bayer, Statthalter von Rorschach, der das Gut und sein kleines Niedergerichtsgebiet (mit einem Umfang von 1310 Schritt, also grob um 5 ha) in diesem Jahr von Joseph v. Laßberg gekauft hatte. Die heutige Gemeinde hatte also 1779 sechs, und noch 1802  fünf Ortsherren!

Dazu kam allerdings noch der Grundbesitz von sieben anderen Klöstern und von Mainau und Fürstenberg, sowie die Zehntrechte. Es waren die Klöster Ottobeuren, Baindt, Rot a.d. Rot (damals Münchrot genannt), Buxheim, Buchau, Markdorf und Sießen. Klosterhöfe im Ort hatten Salem, Weingarten, Ottobeuren (Hofmeister waren die Rebstein) und Rot. Ochsenhausen verwaltete seine Weinberge von Hersberg aus, durch einen Hofmeister. Das Frauenkloster Habsthal hatte ja sein Gut Helmsdorf schon 1798 an v. Laßberg verkauft und war damit hier nicht mehr begütert.

 

Erwerb der Herrschaftsrechte durch Baden

Als erstes fiel Kirchberg an Baden und wurde Eigentum der jüngeren Söhne des Großherzogs und Sommersitz; es blieb Teil der Gemeinde Salem. Erst 1972 kam es im Zuge der Gemeindereform zu Immenstaad.

Die übrigen Rechte kamen zunächst in andere, ganz auswärtige Hände. Wilhelm, Fürst von Nassau-Oranien, der 1815 König der Niederlande wurde, erhielt 1803 die Rechte und den Besitz des Klosters Weingarten, also auch Hagnau, Kippenhausen, Frenkenbach und den hiesigen Klosterhof am See. Dieser war der erste bekannte Besitz eines Klosters hier am Ort gewesen, schon seit dem Jahre 1094. 1806 wurde dies alles badisch. Bekanntlich kamen Kippenhausen und Frenkenbach dann erst 1972 zur Gemeinde Immenstaad.

Den Hersberg und die Ochsenhauser Güter erhielt Fürst Metternich, der Vater des bekannten österreichischen Staatsministers. Nach kurzer bayrischer Besetzung 1805 wurden die Hoheitsrechte 1806 württembergisch, als Enklave im badischen Staatsgebiet, und erst 1846 im Tausch badisch. Erst 1924 kam der bisherige Schloßbezirk zur Gemarkung Immenstaad.

Auch dem Rittergut Helmsdorf nahm man damals, wie den übrigen Reichsrittern, seine niedergerichtlichen Rechte.

Wie gesagt, verlor der Fürst von Fürstenberg 1806 seine Herrschaftsrechte, die Grafschaft Heiligenberg wurde badisch, und damit auch die Gemeinde Immenstaad.

Doch eine provozierende Frage sei erlaubt: leicht hätte Immenstaad und der östliche Linzgau bei dem ganzen Länderschacher württembergisch werden können – immerhin waren zwischendurch Stockach und Radolfzell württembergisch, andererseits Biberach badisch geworden! Stellen Sie sich dies einmal lebhaft vor!  -  Weitere schockierende Gedankenspiele dazu erspare ich Ihnen.

Nur den Verhandlungen des badischen Gesandten in Paris und späteren Staatsministers Frh. v. Reitzenstein gelang es, die späteren Grenzen zu vereinbaren – seien Sie ihm dankbar!

Die einzigen der alten Herren, die ihren Grundbesitz und auch die Lehensgüter in Immenstaad behielten, waren Fürstenberg, als privilegierter Standesherr, und v. Bayer. Aber auch diese verkauften im Lauf der nächsten Jahrzehnte an Bürgerliche. 1848/49 verloren die Standesherren fast alle verbliebenen Herrschaftsrechte und die Weimarer Verfassung beseitigte 1919 auch die Standesrechte des Adels. Mit dem Verkauf des Schlosses Hersberg an die Pallotiner 1930 und endlich dem Verkauf von Kirchberg vor 10 Jahren an einen Investor gelangte auch der letzte adlige Grundbesitz an Bürgerliche.

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Stephanie Beauharnais

 

Ergebnis

Am Ende der Entwicklung, 1810, standen die Grenzen, wie wir sie kennen: das nördliche Bodenseegebiet war unter Baden, Württemberg und Bayern aufgeteilt, also 3 Herrschaften, die vorher hier keinerlei Besitz gehabt hatten (mit Ausnahme des Hohentwiels, der seit 1521 württembergisch war). In kurzer Zeit war die Bodenseelandschaft vom Mittelalter in die Moderne getreten!

In vielen Schritten ist so aus dem „tripartiten Flecken“, also dem dreigeteilten Dorf unter 6 Herren, von 1779 bis 1972 die heutige Gemeinde entstanden.

Und das Ergebnis der großen Vermögensumschichtung, die folgte, war: die Besitzungen der insgesamt 13 Klöster und Herren in Immenstaad wurden in wenigen Jahrzehnten bäuerlich. Doch unsere drei Schlösser erinnern immer noch an die früheren Herren – auch wenn jetzt das gemeine Volk dort wohnt, festet und tagt.

Und so feiern wir im Jahre 2006 den Anschluß der Gemeinde an das Großherzogtum Baden vor 200 Jahren.  Erst damals wurden wir aus Alemannen und Linzgauern, die bis dahin politisch Teil des Schwäbischen Reichskreises waren, zu Badenern. Da Immenstaad Grenzort mit einer Zollgrenze, bis 1836, wurde, entstand ein starkes badisches „Nationalgefühl“- das heute noch anhält.

Der Bevölkerung jedoch blieben zunächst Tod, Kriegselend und Schulden. Wie wir in Heft 18 der Heimatblätter berichtet haben, sind auch hiesige Bürgersöhne, 18 bis 30 Jahre alt, in den Kriegen von 1792 bis 1815 gefallen; 6 davon sind namentlich bekannt, von den vielen anderen Gefallenen, Verwundeten und Vermißten erfahren wir nichts.

So sieht den großen Kaiser, der Millionen Soldaten auf dem Gewissen hat, die Nachwelt: einmal bei der Abdankung 1814 in Fontainebleau, und durch die Augen von Peter Lenk, im Innenhof der „Krone“ in Überlingen.

Die großen Umwälzungen, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erfolgten, sind ein ganz anderes Thema.

Ich will daher als zukunftweisend nur noch die badischen Konstitutionsedikte von 1807 und die badische Verfassung von 1818 erwähnen, die Reitzenstein und Karl Friedrich Nebenius (1784-1857) geschaffen haben.

 

Sie sind mir gefolgt auf einem komplizierten Weg durch die europäische Politik vor 200 Jahren. Aber: Sie wissen nun genau, wie und warum Immenstaad badisch wurde. Und auch das ist seit über 50 Jahren, 1952, vorbei! Baden ist seitdem, ebenso wie der Linzgau und der Landkreis Überlingen ein historischer Begriff.

Zum Abschluß sei daran erinnert, daß seit Jahrhunderten in Immenstaad jeweils am Silvestertag die Neubesetzung des Gemeinderats (Dorfmeister und 24 Bürger) erfolgte, und daß bei der Sitzung am 2. Januar, dem sog. Säckle-Tag, der „Dreikönigstrunk“ ausgegeben wurde. Es heißt dazu in der Öffnung von 1792: wegen Wachen und Frohnen sind auf jede Haushaltung ein Quart Wein (um 3 Liter) nebst 2 Kreuzer Brod aus dem Gemeinds-Keller, und aus den Gemeinds-Mitteln abzugeben. Nachdem wir badisch waren, wurde alles anders. Aber der Neujahrsempfang hält diesen Brauch ja in zeitgemäßer Form aufrecht.

Ich danke Ihnen für Ihre  Konzentration und Aufmerksamkeit!

 

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