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Geschichte Fischerei

Aus der Geschichte der Fischerei in Immenstaad und meiner Familie Dickreiter

von Edith Dickreiter

Aus Heft 16 der Immenstaader Heimatblätter

Edith Dikreiter 1963 mit Döbel Weißfisch

Edith Dickreiter, 1963, mit Döbel Weißfisch

Die Geschichte der Familie Dickreiter lässt sich bis um 1890 zurückverfolgen. Die Voraussetzungen, unter denen mein Urgroßvater Paul Dickreiter seinen Beruf ausübte, waren gänzlich anders als heute. Deshalb will ich versuchen, die wichtigsten Ereignisse zu schildern, die Veränderungen der Fanggeräte und Fangmethoden aufzuzeigen bis in unsere heutige Zeit, in der ich als Fischerin die alte Tradition der Familie weiterlebe.

Paul Dickreiter am Steuer 1952

Paul Dickreiter am Steuer, 1952

Obwohl es für den Fischer keine ursprünglichen Sperrzonen gab, hielt man sich wegen der einfachen Rudergondeln mehr an den Bereich der Flachwasserzonen, Wiese und Halde genannt, bis ca. 25 m Wassertiefe. Die Holzgondeln waren damals schon sehr teuer, so musste ein Fischer für sein kleines Boot 200 Mark, für ein großes bis zu 500 Mark bezahlen. Das war für damalige Verhältnisse sehr viel Geld und konnte erst nach vielen Jahren wieder hereingefischt werden. Es lagen drei Paar Ruder im Boot, zwei Zieh- und ein Stehruderpaar, also drei Personen gingen ins Geschirr. Ein Hilfssegel half manchmal noch recht und schlecht für eine bessere Fahrt. Zum Setzen und Einholen der Stell- oder Bootnetze musste man sich entweder mit einem Kollegen zusammentun oder Familienangehörige, oftmals die Kinder, mußten zum Rudern mit. Gefangen wurden in diesen Netzen die Weißfischarten, wie Firn, Hasel, Rotauge, Brachse und Alet. Aber auch die begehrteren Fische, wie Karpfen, Schleie, Trüsche, Hecht, Kretzer, Zander, Forelle, Silberfelchen, gingen ins Netz. Um die Jahrhundertwende wurden ausschließlich Baumwolle und Flachs zum Knüpfen der Netze verwendet. Ebenso wurden Weidenkörbe zum Aalfang angefertigt. Sofort nach dem Einholen des Fanges mussten die nun schweren, mit Wasser vollgesaugten Baumwollnetze zum Trocknen auf die Netzehänge an Land gebracht werden. Mühsam war das tägliche Trocknen und das provisorische Flicken, oft unter der Mithilfe der älteren Kinder.

Netzhänge Seestraße Ost Kniebach 1936 Schwebnetze Wilhelm Dickreiter

Netzhänge Seestraße Ost, Kniebach, 1936, Schwebnetze, Wilhelm Dickreiter

So wuchsen die Kinder mit der Fischerei auf. Und so war es auch selbstverständlich, dass der älteste Sohn, mein Großvater Wilhelm Dickreiter, in die Fußstapfen seines Vaters trat und den Beruf des Fischers erlernte. Mit einem jungen, kräftigen Mann an Bord konnte man nun größere Strecken in Kauf nehmen. Gerudert wurde nun ins offene Wasser bis vor das Schweizer Ufer, oft auch auf die Höhe von Langenargen, es waren gute 12 bis 14 km und dies zurück noch einmal. Oft fuhren sie schon kurz nach Mitternacht von zu Hause weg.

Um 1908 gab es die ersten Schiffsmotoren, gebaut von Benz aus Mannheim, von Pelzer aus Friedrichshafen und Auer aus Überlingen. Mit dem Schwebsatz und der Motorgondel verbesserten sich dann die Arbeitsbedingungen und die Fangmethoden.

Benedikt Rauch Rosa Grötsch geb. Rauch Käthe Rauch Ottilie Rauch Am Raucher Hüttle um 1905

Benedikt Rauch, Rosa Grötsch geb. Rauch, Käthe Rauch, Ottilie Rauch. Am Raucher Hüttle um 1905

Um 1910 gab es folgende Fischer in Immenstaad:

Ein gewisser Marquardt und ein gewisser Rauch, die im Besitz eines Haldenpatentes waren; die Familie Braster/Rebstein, Alois Weißhaupt , Siegfried Rebstein, Kuno Rebstein, Paul Dickreiter, Karl Schilt , Heinrich Rebstein, Heinrich Einhart, Richard Mecking, Bernhard Endres, Gebhard Heberle, Konrad Heberle, Bernhard Langenstein, Gebhard Mohr, Richard Schlegel und ein gewisser Maier, die alle im Besitz eines Hochseepatentes waren.

August Marquardt beim Auslegen der Bodennetze vor Immenstaad

August Marquardt beim Auslegen der Bodennetze vor Immenstaad

Viele Fischer kamen im ersten Weltkrieg um und etliche waren schwer verwundet. So blieben nach dem Krieg nur wenige zurück, die auf den See fahren konnten. 1920 gründet mein Großvater seine Familie und heiratet. Doch wird ihm das Hochseepatent verwehrt, das er dringend zur Existenz benötigt hätte, mit der Begründung, dass er zusätzlich eine Landwirtschaft führen müsste. Er kaufte Ziegen und mietete einen Stall, zusätzlich ging er mit Bernhard Endres, dies ist der Großvater von Bernd Thoma, der im Besitz des Hochseepatentes war, auf den See. lm Winter 1924 stirbt mein Urgroßvater an den Folgen eines Unfalls beim Holzfällen. Von nun an ist mein Großvater auf sich alleine gestellt; Er beschließt, sich mit anderen Fischern zusammenzutun, und es beginnt die Zeit der Zug- oder Klusgarnfischerei.

ln den Jahren 1925 bis 30 fährt mein Großvater mit Arbeit suchenden Landstreichern, man nannte sie damals Fischerknechte, auf den See. Diese waren froh um jeden Pfennig, den sie verdienen konnten. Der Lohn der Fischerknechte waren 5 Mark in der Woche sowie Mahlzeiten und Schlafgelegenheit.

1930 lässt mein Großvater Wilhelm sein erstes eigenes Holzboot von Heinrich Einhart, genannt Öhler Heinrich, bauen. Es fährt mit einem 1-Zylinder-Benz-Motor. Viele Stunden wurden nun auf dem See zugebracht, bei Sturm, aber auch bei sengender Hitze, um das Tageskontingent zu erreichen. Das Kontingent beim Zugnetzfischen lag bei ca. 150 Stück Blaufelchen. lm Sommer und Herbst, frühestens jedoch an Peter und Paul am 29. Juni, zog man den Felchenschwärmen seeabwärts Richtung Meersburg und Sipplingen nach. Mehrere Tage verbrachten sie dann vor Sipplingen, weil eine Heimfahrt sich nicht gelohnt hätte, um immer wieder mit dem Zuggarn den Felchen nachzustellen. Des Nachts schliefen sie in ihren Booten oder konnten bei einem bekannten Bauern nächtigen. Oft gab es lange Nächte, in denen man zusammen zechte und sich das neueste Fischerlatein erzählte. Es war eine Zeit, in der man zusammenhalten musste, jeder war in irgendeiner Art und Weise vom anderen abhängig.

1937 leistete sich mein Großvater einen neuen Motor für seine Holzgondel. Es war damals ein BMW-Dixi-Benzinmotor, er wurde eingebaut von Emil Martin. Vor Beginn des zweiten Weltkrieges lagen die durchschnittlichen Fangergebnisse der Berufsfischer am Obersee um 300 Tonnen im Jahr. lm Krieg 1943/44 mussten die Fischer mit ihren Booten ausfahren, um die am See angesiedelte Rüstungsindustrie, z.B. die Torpedo-Versuchsanstalt auf dem Gelände der heutigen Firma Dornier, zu vernebeln. Leider stand der Wind nicht immer günstig, deshalb bekam auch lmmenstaad einige Brandbomben ab.

Mein Vater, damals 17 Jahre, wurde 1943 zum Kriegsdienst eingezogen. Ebenfalls wurde mein Großvater 1944 zum Einsatz ins Elsass abberufen. Er kehrte glücklicherweise wohlbehalten am 1. November 44 zurück. Während dieser Zeit stand die Fischerei still, und auch noch ein halbes Jahr nach Kriegsende durften die Fischer nicht hinausfahren. Ihre Boote waren an Land festgekettet und wurden von der französischen Armee bewacht.

Kein Kriegsverbrecher oder Gefangener sollte in die nahe Schweiz flüchten können. Am 21.12.45 kehrt mein Vater, Paul Dickreiter, aus russischer Gefangenschaft zu Fuß an den Bodensee zurück.

Von 1946 bis 1955 wurde die Klusgarn- und die Bodennetzfischerei betrieben. Die Fangergebnisse verdoppelten sich bis Mitte der 50er Jahre. Bis zu 600 Tonnen Fisch wurden im Obersee gefangen.

Mit dem Einsatz von Perlonnetzen in den 50er Jahren veränderte sich die Fischerei. Bis zu 1000 Stück Blaufelchen wurden in den engen Netzen gefangen, also das Zehnfache eines Zugnetzkontingentes.

Netzhänge 1956 am Kniebach Im Hintergrund Haus Schädler heute Bank

Netzhänge 1956 am Kniebach. Im Hintergrund Haus Schädler, heute Bank

1950 lässt sich mein Großvater erneut ein Holzboot mit Kajüte von einem Herrn Wagner aus Bodman bauen. Er baut einen Deutz-Motor ein. Obwohl schon einige Berufsfischer, unter ihnen auch mein Großvater, vor der zu intensiven Befischung gewarnt hatten, konnten sich die Bevollmächtigten der Anliegerstaaten erst 1961 dazu durchringen, den Berufsfischern vorzuschreiben, mit weniger Netzen und mit größeren Maschenweiten zu fischen.

In den 50er Jahren wurden Kretzer, Hecht und Weißfisch in den Bodennetzen gefangen, keiner hat an eine weitere Verarbeitung der Fische gedacht. Meistens wurden diese an die Genossenschaft in Konstanz abgeliefert. Nur ganz langsam setzte sich die Veredelung durch Filetieren durch. Damit stieg der Preis und der Kretzer wurde in sehr schlechten Felchenjahren sogar zum Hauptbrotfisch.

Am 1. November 1962 wird durch einen starken Föhnsturm die Fischergondel aus der Verankerung gerissen und schlägt auf die Ufermauer bei der Familie Fritz Berger. Sie sinkt im flachen Wasser mit all den an Bord befindlichen Netzmaterialien. Der Schaden war groß, aber mit sehr viel Aufwand konnte man die Gondel wieder herrichten, so dass sie im Dezember auf den Laichfang der Blaufelchen fahren konnten.

Am Nachmittag des 23. 12.62 setzten mein Vater Paul und seine Schwester Erika den Schwebsatz. Tags drauf am 24.12. fuhren mein Großvater Wilhelm, mein Vater Paul und der Sohn von Adolf Dickreiter, Otto, aus, um den Satz einzuholen. Unter schwierigsten Bedingungen, denn das Eis wurde immer dicker bei dem kalten Ostwind und türmte sich auch immer höher auf, fuhren sie umher und suchten stundenlang nach ihren Netzen. Am späten Nachmittag fuhren sie abwärts Richtung Konstanz-Eichhorn, als sie plötzlich durch eine Eisplatte die Schiffsschraube verloren. Die Antriebswelle war abgebrochen und so ein Fortkommen unter Motor nicht mehr möglich. Sie begannen in Richtung Meersburg zu rudern und versuchten, auf sich aufmerksam zu machen, indem sie Lappen in Diesel tränkten und diese anzündeten. Sie wurden von einem Fährschiff von Konstanz gesehen und der Wasserschutzpolizei Konstanz und Meersburg gemeldet. Von der Wasserschutzpolizei Konstanz wurden sie in den Meersburger Hafen geschleppt. Dort warteten zwei Kollegen, Berthold Klingenstein und Franz Geiger, die die Männer nach Hause fuhren. Die schweren Ledermäntel waren voll mit Eis und ein einfaches Ausziehen war unmöglich. So wurde mein Großvater zum Auftauen vor den Kachelofen gesetzt. Mein Vater fuhr noch am selben Abend zu dem Kollegen Franz Enzenmüller nach Fischbach, um mit ihm die Situation zu bereden, denn auch er hatte seinen Netzsatz noch nicht gefunden. Man verabredete sich, tags drauf am ersten Weihnachtsfeiertag die beiden Netzsätze abermals zu suchen. Es war ein klarer, heller Tag, minus 15°, und sie hatten Glück, denn beide Schwebsätze wurden gefunden und eingeholt. Zu Eisklumpen zusammengefroren waren die Netze, und so mussten Mannschaft und Netze bei Fischbach mit einem zweiten Boot übers Eis an Land gezogen werden. Viele Fischer verloren in diesem Jahrhundertereignis ihre Netze.

Franz Grötsch 60er Jahre

Franz Grötsch um 1967

1967 stirbt mein Großvater, mein Vater Paul Dickreiter übernimmt sein Patent.

Ein sogenanntes Fischereipatent war ursprünglich nicht notwendig. Die vom Bezirksamt Überlingen ausgestellte Fischereikarte war erforderlich, wobei durch gewisse Zeugen oder Auskünfte die Befähigung, auf dem Wasser sich auszukennen, belegt werden musste. Aufgrund der guten Fangergebnisse in den Anfängen der 70er Jahre kaufte mein Vater sich 1978 ein neues Motorboot, gebaut von der Bodanwerft in Kreßbronn. Nun fuhr er mit dem Kollegen Franz Grötsch, ebenfalls aus Immenstaad, auf den See. Auch wir drei Töchter wurden früh mit der Fischerei auf dem See vertraut gemacht. So musste meistens ich am Abend mit dem Vater noch im Uferbereich ein Landnetz setzen. Es wurde gerudert wie anno dazumal. Ja selbst am Frühstückstisch sahen wir unserer Mutter beim Filetieren der Kretzer zu. Während meiner schulischen Ausbildung 1978 bis 79 gingen meine beruflichen Gedanken zunächst in eine ganz andere Richtung. Ich wollte mich zur Krankengymnastin ausbilden lassen. Doch es gab lange Warezeiten, und so entschloss ich mich, 1979 die Ausbildung zum Fischwirt im elterlichen Betrieb zu machen. Mein Vater, zwischenzeitlich aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung als Fischermeister anerkannt, lehrte mich gestreng mit seinem Wissen und seinen Erfahrungen diesen Beruf. Zur theoretischen Ausbildung musste ich jeweils im Herbst zum Blockschulunterricht nach Starnberg. Dort lernten wir allerlei über Gewässerkunde, spezielle Fischkunde, Fischkrankheiten, Karpfenteichwirtschaft, Forellenzucht, Netzkunde und Verarbeitungsmethoden. lm Herbst 1981 habe ich dann in Starnberg die Gesellenprüfung mit Erfolg bestanden. lm selben Jahr beantragte ich beim Liegenschaftsamt in Konstanz das Bodenseefischereipatent. Nach weiteren drei praktischen Jahren legte ich 1984 die Meisterprüfung in Langenargen ab.

Einige Jahre sind nun schon vergangen und so habe auch ich schon gute und schlechte Zeiten erlebt, so z.B. die Jahre 1981 und 82, wo die Fangergebnisse beim Kretzer weit unter dem Durchschnitt lagen. 1983 mussten wir eine weitere Netzzahlreduzierung in Kauf nehmen. Anstatt 6 Schwebnetzen durften wir nur noch 4 Schwebnetze verwenden. Meiner Meinung nach war diese Maßnahme gerechtfertigt, denn die Fische wurden mit immer besseren Netzmaterialien befischt. Nun blicke ich auf 17 Jahre Berufserfahrung zurück, in denen ich gute und schlechte Fangjahre hatte. ln diesen Jahren lernte ich von meinem Vater und meinen Kollegen Franz Grötsch und Franz Enzenmüller sehr, sehr viel über die Fischerei. Bis zum heutigen Tag habe ich meine Berufswahl nicht bereut, denn an jedem Tag gibt es neue Eindrücke, die diese Arbeit für mich so interessant machen.

 

Link zur Geschichte der Fischerei Dickreiter

 

Der junge und der alte Fischer

(Von Karl Schilt 1977 erzählt)

Aus Heft 1 der Immenstaader Heimatblätter

Zu einem Fischer gehört nicht nur das Netz und das Boot - das Wetter zu kennen ist Vorbedingung. Am See aufgewachsen, von den Alten gehört, selbst erprobt, den Jungen vermittelt, das ist Art der Menschen, die mit dem Wasser verbunden sind. Nun ist dies mit dem Wetter allerdings auch eine Ansichtssache. Z.B. sagt der eine "es ist pfähnig" (föhnig), meint der andere "es ischt bloß e Gwell vum Oberluft”. Am End hatten beide recht: Die erwartete "Pfäh" (Föhn) ist nicht durchgekommen, cler Unterluft (Westwind)  hat gesíegt. "Sei's wie's will, mir -gont zum Setze” sagt Karl Schilt und ist schon mitten drin im Erzählen.

Karl Schilt2

Karl Schilt, November 1977, von Karl Hättig, Heft 1 Heimatblätter

"1904 kam ich zu den Fischern, ich war der Jüngste". Warum? "Weil am Land es immer weniger Arbeit gab". So stieg er oftmals um, vom "Schäeff" mit Kies und Sand in eine der Fischergoncleln seiner Nachbarn. Verdiente da und dort etwas, sparte, entbehrte, bis er seine eigene "Gundel" hatte. Das Wort "Gundel" = Gondel hat sich bis zum heutigen Tag erhalten, obwohl der Begriff eigentlich nur für ein Ruderboot gültig ist. Natürlich war alles aus Holz. Der gelernte Bootsbauer war Isidor Beck auf der Insel Reichenau. Ein Familienbetrieb bis zum heutigen Tage, der inzwischen die elegantesten Segelyachten baut, kaum einmal mehr aus Holz. ln Hagnau war es Erhard, der Gundeln baute und in lmmenstaad brachte es als Naturtalent, nirgendwo gelernt, Heinrich Einhart zu großen Ehren. Manch eine seiner selbsterbauten "Gundeln" schwimmt heute noch irgendwo zwischen dem Lipbach und Kirchberg umher. Eine kleine Gondel kostete an die 200.- Mark, eine große bis zu 500.-, der Motor dazu (ab 1908) nochmals 1000 Mark. Das war viel Geld und mußte in vielen Jahren erst einmal wieder hereingefischt werden, Die Motoren kamen von Benz aus Mannheim, vom Pelzer aus Friedrichshafen, auch vom Auer aus Überlingen.

Doch zuerst wird einmal gerudert.  In der kleinen Gundel geht´s noch geruhsam her. Man setzt Bodennetze innerhalb der Halde im flachen Wasser, alleine oder mit einem Compagnon, mit dem Sohn oder mit der Tochter (beide sind noch Kinder). Auch die Ehefrau sitzt oft an den Rudern. In der großen Gundel lagen 3 Paar Ruder. 2 Zieh- und ein Stehruderpaar, also 3 Mann gingen ins "Geschirr". Gerudert wurde ins offene Wasser, bis 2/3 vor das Schweizer Ufer, oft auch bis in die Höhe von Langenargen. Ein Hilfssegel half noch recht und schlecht für eine bessere Fahrt. Gute 12 - 14 Kilometer sind dies, und zurück noch einmal. Heute bekäme man schon beim ans Rudern denken Schwielen in die Hände!

 

Die Namen, die mir Karl Schilt nennt, sollen in Erinnerung hier festgehalten werden:

bis 1890

 

 

dann kamen

einer namens Werner

Dickrelter Paul

Rebstein Bernhard

von der Reichenau kommend

Happenweiler

(Vater vom Kuno Rebsteirı), Ausserdorf

 

1893

Mecking Xaver

 

(ehem.Seestr.Ost)

 

1897

 

Heberle Johann,

 

 

Weisshaupt Alois,

Rebstein Johann

am See, vor der Riedgasse, die erst westl. v. Wattgraben bis ans Kippenhorn so hieß (heute Seestr. West)

(heute Xaver Maier Seestr. Ost)

Vorderhuser (Hauptstr.)

 

1904

Mecking Johann,

Müller Julius,

Langenstein Bernhard,

 

 

Mohr Gebhard,

Schilt Karl,

 

Riedgasse (später Eduard Hund)

Hauptstr. (heute Metzgerei Bank/Hage)

(s'Ferdes), Bruder von Otto Langenstein (Wassermeister, mit den Schwestern Käthe u. Sofie, heute Parkplatz v. "Seehof"

Kippenhorn (heute Hotel Heinzler)

Happenweiler

 

1907

Endres Bernhard,

Rebstein Karl,

 

Rebstein Heinrich,

Rebstein Siegfried

 

Einhart Heinrich,

 

Einhart Richard  Brüder

Einhart Hermann                                           

Mohr Johann,

Heberle Gebhard

Rauch Benedikt

Mecking Richard,

 

Happenweiler

(de Fischer Karle, später Braster, heute Berger Fritz See-Ost)                                                                    

Vorderhuser, Hauptstr.

(Vorderhuser) danach Usserdorf, heute Rebstein Franz, Friedrichshafenerstr.                       

(s'ÖhIers Heinrich verheiratet mit Tochter v. Öhlers Hannes)Bootsbauer, ehem.Hauptstr., gegenüber "Hirschen")  gefallen Aug.1914 im Elsaß

vermißt 1914-1918

 

Bruder von Mohr Gebhard Kippenhorn

(Bruder v.Heberle Johann) Schulstr.

Wattgraben

ehem. Seestr.-Ost

 

1918

Dickreiter Wilhelm

Maier Xaver,

 

Happenweiler

Seestr.-Ost

1936

Grötsch Franz

(Schwiegersohn v. Rauch) Wattgraben

 

1945/1955 waren noch meist die Söhne der obengenannten als Fischer tätig; hierbei soll auch der Gefallenen gedacht werden:

Schilt Josef, Sohn v.Schilt Karl gef. 1944, Normandie

Rebstein Otto, Sohn  v. Rebstein Siegfried gef. 1944

Karls Schilt und Hans Meichle 1978 im Häfele klein

Karl Schilt und Hans Meichle im Häfele 1978

 

1977 sind es noch 2 Berufsfischer:

Grötsch Franz, Wattgraben

Dickreiter Paul, Happenweiler, Sohn von Dickreiter Wilhelm

Der Vollständigkeit halber sollen auch noch jene genannt werden, die nur innerhalb der Halde und beim Landungssteg-Häfele físchten:

1890 Benne Hansöhrle

1905 Weisshaupt Bernhard

1925 Marquardt August

 

Ein sogenanntes Fischerpatent war ursprünglich nicht notwendig. Die vom Bezirksamt Überlingen ausgestellte Fischereikarte war erforderlich, wobei gewisse Zeugen oder Auskünfte die Befähigung, auf dem Wasser sich auszukennen, belegen mußten. Später wurden die Prüfungen etwas genauer. Ein Fischerpatent, d.h dreijährige Lehrzeit und mancherlei Bedingungen existieren seit 1952.

Die Namen unserer Fische, wo und wie sie gefangen werden

Der Kropf u. die Grundel

 

unter den Steinen, nahe am Ufer, von den kleinen Buben mit der Blech- Konservenlbüchse

das Laugele

 

vom Steg aus mit dem Laugelenetz von größeren Buben

 

die Trüsche

 

unter größeren Platten in Ufernähe mit der Gabel, von großen Buben

 

Firn, Hasel, Rotäugle Brachse, Alet

 

 

lWeißfische)innerhaIb der Halde mit Land- oder Stellnetz vom Berufsfischer mit der Gundel

 

Karpfen, Schleie, Trüsche

Kretzer(=Barsch=Egli)

 

desgleichen

Aal

 

(in der Reuse)

Hecht im Laich

Kretzer, Brachsen, Karpfen

Schleie, Trüsche, Hecht,

Zander, See(Lachs)forelle

 

im hohen See, im tiefen Wasser vom Berufsfischer mit verschiedenen Netz-arten, vom Fischerboot aus, alleine oder mit Compagnon

 

Blaufelchen, Silberfelchen,

Gangfisch, Sandfelchen

 

(Untersee)

 

Weller oder Wels, der größte Fisch

 

Seltenheit, im Untersee, mit Angel, auch Netz o.a.

 

Viele der genannten Arten fängt auch der Sportfischer vom Land oder Boot aus mit Köder, Zocker, Blinker oder Schwebangel.

 

Die Arten und Namen der Netze:

Das Stell- oder Land- oder

Boden-Netz

 

für die Fischerei innerhalb der Halde (niedriges Wasser)

 

das Schwebnetz seit 1878

bis heute

 

in verschiedenen Abwandlungen in

Verwendung

 

das Garn oder Zug- oder Klusgarn

 

eine Netzart zwischen 1900 und 1939 zuerst mit den großen Segi-Lauen in Staad/Konstanz mit 2 Meistern und 2 Gehilfen betrieben, später in Dingelsdorf, Wallhausen, Uhldingen, Meersburg u. Hagnau. In Immenstaad seit 1908 mit Motorbooten u. 2 Mann.

 

Mit den Schilderungen von Karl Schilt ziehen die Jahrzehnte vorüber - die Fangweise, das Material, das notwendige Drum und Dran sind bildhafte Dokumente.

Erst damit wird uns heute wieder bewußt, welch schwerer und entsagender Beruf der eines Fischers war. Für den Fischer gab es ursprünglich keine Sperrzonen (von der Haldenfischerei und kleinen Gebieten, z,B. bei Kirchberg, abgesehen). Der See war für jeden frei im "blauen Wasser", (das Blau des tiefen Wassers, im Gegensatz zum meist gelb-braun-trüben Wasser der Halde). Damit waren aber auch die Fahrtstrecken der Fischer praktisch unbegrenzt groß. Wenn sie in Höhe von Langenargen fischten, noch mit dem Ruderboot, fuhren sie oft schon kurz nach Mitternacht von zu Hause weg. Wie es mit dem Wetter glückte, so war die Rückkehr mal früher, mal später. Mit dem Zuggarn machten sie 30 bis 40 Züge pro Einsatz. Das Netz im Kreis nach einem ganz bestimmten Rhythmus ausgeworfen, mit den klangvollen Namen "helle Wand, das Tuch, s'Spitzle, der Sack und der Zipfel".

Schwebenetze zum Trocknen Netzhänge Kniebach 1938 Wilhelm Dickreiter

Schwebenetze zum Trocknen, Netzhänge, Kniebach, 1938, Wilhelm Dickreiter

Eindrucksvoll führt mir der alte Fischer diese rhythmischen Handbewegungen vor. - Mit dem Schwebnetz und der Motorgondel verbesserten sich dann die Arbeitsbedingungen und die Fangmethoden. Die Schwebnetze (ca. 80 m lang) aneinander gereiht (je nach "Reichtum", d.h. bis zu 30 Stück erlaubt, wobei 1 Netz, auch ein Satz genannt (von "das Netz setzen") hieß) ergaben eine Länge von 2 bis 3 km. Man stelle sich diese Strecke einmal vor und bedenke, daß es schlechte Tage gab, mit 3 Felchen "Ertrag" in der ganzen Länge! Natürlich gab es auch Fänge, bei denen die "Gundel schier gar mit Wasser voll lief" - so schwer war dann das Gefährt mit dem Fang, den Netzen und der Mannschaft. Die Netze hatten eine vorgeschriebene Höhe von 1,40 m. Sie wurden so tief in das Wasser hinabgelassen, wie man die Fischschwärme vermutete. Das hing von der Jahreszeit, von der Temperatur des Wassers u.a.m. ab. Das waren 3-4 aber auch bis zu 13 Klafter (1 Klafter = 1,8 m). Die Netze waren aus Baumwolle. Sie waren schwer, wenn sie naß herausgezogen wurden, sie verwickelten sich leicht, was eine große Umsicht, Fertigkeit und Geduld beim Setzen und beim Herausholen erforderte.

Ebenso wieder beim Aufhängen zum Trocknen auf die Netzhänge. Einmal, so erzählte mir Karl Schilt, waren durch einen Sturm über hundert Netze der Fischer von Romanshorn zu einem "Bolle" (Knäuel) ineinander geraten. Man zog sie gemeinschaftlich an Land und begab sich an die Geduldsarbeit des Auseinanderfingerns. Vor 1914 konnte man in der Schweiz an Land gehen, wo man wollte, ohne Kontrollausweis. Die Netze kamen aus ltzehoe (Holstein). Geführt wurden sie oben durch eine Hanfschnur (die Oberähre,) unten durch eine Roßhaarschnur (die Unterähre), versehen mit kleinen Rinden- oder Korkstücken (oben am Stellnetz, und am Schwebnetz) und mit ovalen Steinen unten am Stellnetz, mit Bleistücken unten am Schwebnetz. Die Lage im Wasser, die Stelle des "Satzes" zeigten Bauchen (Korkstücke) oder Tonnen (aus Blech), versehen mit dem Namenszeichen des Fischers, an. An diesen Teilen schwebte das Netz.

Am späten Nachmittag wurde das Schwebnetz gesetzt, blieb die Nacht über im Wasser (am Fangplatz) und wurde dort im Morgengrauen des anderen Tages gesucht .....und auch oft nicht mehr gefunden. Ein Sturm oder eine Wasserströmung (man sagt, das Wasser "rinnt") kann die Netze oft kilometerweit in ganz andere Richtung abgetrieben haben. Mühsam war das tägliche Trocknen und das provisorische Flicken, Die Hauptreparaturen wurden dann zur Winterszeit in der Stube von der ganzen Familie erledigt. Diese Anhäufung von Alltagsärger kennen die heutigen Berufsfischer nicht mehr. Die 7 Meter hohen Nylonnetze sind leicht, reißen kaum und brauchen überhaupt nicht getrocknet werden, Aber mit diesem "neumodischen" Material sind auch die "altmodischen" und so romantischen Bilder der Netzhänge verschwunden. Das waren beliebte Maler- und Fotografenmotive. Unsere Fischer sah man bei dieser Arbeit am Kniebach (dort standen ehemals Hütte an Hütte, in denen das Geschirr aufbewahrt wurde), beim Ferde Otto, bei Heberles, am Raucher Hüttle (Freibadestrand) und am Kippenhorn. Die Maschenweite betrug früher einheitlich 40 mm.

Geblieben ist bis zum heutigen Tag die schwere Arbeit beim "Laichfang" (Mitte Dezember) meist bei winterlichen Stürmen. Als sich die "Seegfrörne" schon im Dezember. 1962 vorbereitete, konnten viele Sätze wertvoller Schwebnetze nicht mehr eingebracht werden. Sie gingen im Eis des Jahrhundertereignisses flöten! Die Kundschaft der Fischer reichte vom Privathaushalt (Einzelstücke, Hechte, Schleien, Forellen, etc.) über die Gastwirtschaft (Felchen und Kretzer) zum Fischhändler. Bei der kostbaren See- oder Lachsforelle mußte das Blut im Rückgrat bleiben, das verlangte der Koch, um die schmackhafte Sauce zubereiten zu können.

1.70 Mark/Pfund bekam der Fischer für diese Delikatesse. Die Fischhändler hießen Buck in Friedrichshafen, Kaufmann in Langenargen und Einhart in Konstanz

Die Genossenschaften hatten ihre Sammelstellen in Friedrichshafen und Staad.

Der Brotfisch, also der damals am meisten gefangene Felchen, mußte ausgenommen, vom Blut gereinigt, aber nicht geschuppt abgeliefert werden. Verschickt wurde er per Express, meistens mit dem 10.00 Uhr Dampfschiff. In "langlechten  Zirnen", 80 - 100 stückweis. Nun, diese Ausdrücke sind so urimmenstaaderisch, daß sie übersetzt werden müssen. Was in der Abmessung quadratisch ist, heißt beim lmmenstaader "viereckig". Was man im allgemeinen mit rechteckig bezeichnet, also was sozusagen länger ist als ein Viereck, bezeichnet er mit dem Sammelnamen "langIecht" (länglich). Eine Zirne ist ein Korb (im allgemeinen mit 2 Henkeln, z.B. Bodebirrezirne für die Kartoffel, oder 1/4 Zirne bei der Hopfenernte), hier bei den Fischern ein aus Weide (Widde) geflochtener Korb, ca. 30 cm hoch, 45 cm breit und bis zu 80 cm langer Behälter.

Die Rosshaarschnur mit Bleigewichten wird kontrolliert

Die Rosshaarschnur mit Bleigewichten wird kontrolliert

Die Schonzeit für Felchen konnte damals noch kurz gehalten werden. (10.11. - 25.11.), heute ist sie von 15.10. - 15.1. Der Fang im Felchenlaich dauert unregelmäßig lang (2-3 Tage oder länger) je nach Fang und Bedarf an Laich. Nach dem 25.11. hatten die Fischer von einst Winterpause, die dazu benützt wurde, das Fanggerät zu erneuern, das Boot zu reparieren und den Motor zu pflegen. Begonnen wurde mit der Land-Stellnetz-Fischerei zu Ostern (Fische für die Karwoche), auf dem See im Mai.

Karl Schilt erzählte mir besondere Erlebnisse aus seinem Leben als Schiffsmann und Fischer. Gefahrvolle Situationen zusammen mit seinem Sohn Josef und seiner Tochter lda. Das Füreinander da sein auf dem See war eine Selbstverständlichkeit, Wer auf dem Wasser seinem Tagewerk nachgeht, braucht oft die Hilfe des anderen. So paßten sie auch aufeinander auf, die Fischer, die Schiffsleut auf den Lastschiffen und vor allem auch die Besatzungen der Dampfschiffe. Es wundert daher nicht, daß alle einander kannten, einander zuwinkten, einander grüßten. Die Bilder aus jener Zeit sind für den Betrachter von heute romantische ldyllen. "Die gute alte Zeit“ schaut ihm entgegen, der harte Alltag kommt darin nicht zum Ausdruck. Die uns überlieferten Bilder stammen aus den Kinderjahren der Fotografie. Der Fotograf wurde bestellt oder er kündigte sich an. Was lag näher, als sich "besser" anzuziehen, sich "in Positur" zu begeben. Die Bilder sind gestellt - "Schnappschüsse", welche die rauhe Wirklichkeit vermitteln, gab es noch nicht.

 

 

Erinnerungen eines Fischers

erzählt von Josef Einhart (* 28. Dezember 1910), aufgeschrieben von Brigitte Kohler

Aus Heft 18 der Immenstaader Heimatblätter

Heinric h Einhart Fischer und Bootsbauer 81 Jahre im Jahre 1961 Tuschezeichnung Herbert Vogt

Heinrich Einhart, Fischer und Bootsbauer, 81 Jahre im Jahre 1961,

Tuschezeichnung Herbert Vogt

Nicht umsonst wurde lmmenstaad früher als Bauern und Fischerdorf bezeichnet. Es gab im 19. Jahrhundert bis Mitte des 20. Jahrhundert einige hauptberufliche Fischer, daneben aber auch sehr viel Nebenerwerbsfischer, die noch ein paar Stück Vieh hatten und auch etwas Ackerbau betrieben, jede Familie versorgte sich weitgehend selbst mit Nahrungs - und Lebensmitteln.

Natürlich wohnten die meisten Fischer am See oder sie hatten wenigstens einen Platz am See für die Fischerhütte, das Boot und die Netzhenke.

Folgende Fischer sind mir noch in Erinnerung:

- Dickreiter Paul, heute führt seine Tochter Edith die Fischerei weiter

- Braster, vorher Rebstein, Seestraße Ost - heute Gästehaus Berger

- Sproll, auch Küferei, später Schlegel - heute Haus Burkhardt, Happenweiler

- Rebstein Heinrich und Siegfried, Hauptstraße, Fischerhütte Seestraße Ost, auch „Vorderhuusers“ genannt, weil sie im vorderen Haus wohnten,

- Mecking Richard, das Haus steht heute nicht mehr, es stand zwischen den Anwesen Rauber Walter und Heger Franz in der Bachstraße

- Rauch, er war Berufsfischer und hatte seine Fischerhütte in der Seestraße West vor dem Strandbad, die alten lmmenstaader kennen noch den Begriff ´s Raucher Hüttle

- Grötsch Franz, kam von Friedrichshafen, er wohnte beim Fischer Rauch, heute Haus Schmidt im Wattgraben

- Morgen, fuhr auch eine Weile zum Fischen, heute Haus Rosenberger, Seestraße Ost

- August Markwardt, er betrieb hauptsächlich Landfischerei

- Langenstein Bernhard, auch Bismarck genannt

- Mohr Gebhard, wohnte weiter weg vom Dorf, auf dem Platz des heutigen Strandcafe Heinzler

- Maier, Seestraße Ost und sein Sohn Xaver, dieser ging später zur Schiffahrt

- Endres Bernhard, heute Haus Thoma

- Schilt Karl und Sohn Josef, Happenweiler

- Weißhaupt Severin und Karl, gingen später zur Schiffahrt, der jüngste Sohn Alois übernahm die Fischerei und Landwirtschaft, Friedrichshafener Straße

- Heberle Gebhard, Schulstraße

Heinrich Einhart 1962 mit Säge Heimatblatt 18 S 247 klein

Heinrich Einhart 1962 mit seiner Säge in der Bachstraße vor Ladengeschäft, heute Bücherstube Bosch, im Hintergrund der Hirschen

Mein Vater, Heinrich Einhart, auch Ölers Heinrich genannt, fischte noch bis Mitte der sechziger Jahre. lch, Josef Einhart, konnte aber den Beruf nicht weiter  ausüben, weil mir im Krieg in Russland die Hände und beide Füße erfroren und man mir teilweise die Zehen abnehmen musste. Ein Fischer muss ja bei jedem Wetter auf den See und das konnte ich nicht mehr. lm Dezember wurde ich zusammen mit einem Berger aus Hagnau und einem Oker aus lttendorf aus der Gefangenschaft von Wilhelmshaven aus entlassen. Am 28. Dezember 1945 wanderten wir, Berger und ich bei strömendem Regen von Friedrichshafen nach Hause. lm Dezember beim Laichgang schmerzten meine Erfrierungen besonders stark, wenn es dann auch noch die ersten Kältegrade hatte, ging es einfach nicht mehr und so hörten wir mit der Fischerei auf.

Unser Fischerboot haben wir dann dem Heimatverein vermacht. Der Heimatverein konnte es aber nicht lagern, deshalb wurde es zuerst nach Ermatingen gebracht, heute liegt es in Kreuzlingen im Fischereimuseum.

Postk. 1914 Handlung Heinrich Einhart

Postkarte 1914, Handlung Heinrich Einhart; von links: Rosi Einhart geb. 1909, Mutter Anna geb. 1880 Josef Einhart, geb. 1910; rechts Bernhard König, Hirschenwirt, geb. 1874 mit Sohn Berthold, geb. 1910, an der Hand

Ein Fischer muss sich natürlich mit dem Wetter gut auskennen und so haben sich folgende Wetterregeln oder Beobachtungen meistens bewahrheitet:

Wenn wir Südwind haben, ist meistens schönes Wetter, da kann es in Stuttgart regnen, bei uns ist noch schönes Wetter.

 „Früher hott me gsait, wenn am Fritig cle Ostwind kunnt, denn hond mir meistens e Woche lang s`schänste Wetter, egal zu wellere Johreszitt. Wenn me aber bi Westwind Langenarge fast griefe ka, denn gits meistens schläets Wetter.“

Auch vom Säntis gibt's noch Wetterregeln:

„Hat der Santis einen Degen (Bergspitze sichtbar, darunter ein Nebelband) kommt es zum Regnen. Hat er aber einen Hut ( Bergspitze nicht sichtbar), wird`s Wetter gut.“

Fliegen die Schwalben tief, kommt meist Regenwetter. Fliegen sie aber hoch, bleibt das Wetter schön.

„Morgerege, Wieberweh, isch em Niene ( neun Uhr) niene ( nirgends ) meh“.

Wenn ca. 11 Uhr Richtung Gehrenberg drei Quellwolken zu sehen sind, wird es meist schönes Wetter. Um ca. 13 Uhr verschwinden diese Wolken wieder. Dann ist auch am nächsten Tag noch gutes Wetter.

Bei Nordwind ist der Barometer hoch und es kommt trotzdem zum Regnen. Wenn's aber im Konstanzer Loch ganz dunkel wurde und wenn sich hohe Wellen bildeten und die Wellenspitzen regelrecht davonflogen, dann war es höchste Zeit für uns Fischer, schnell nach Hause zu kommen. Gekentert sind wir nie, aber einmal waren wir mit ca. 15 Fischerbooten auf dem See vor Arbon, da kam aus Westen so schnell ein Unwetter auf und es wurde so dunkel. dass wir die anderen Fischerboote nicht mehr sehen konnten. Das Wasser flog um uns herum und ich musste pumpen was das Zeug hielt. Erst im Arboner Hafen trafen wir dann wieder die anderen Boote, und es waren Gott sei Dank alle da.

Wir fischten auf zweierlei Arten, mit dem Schwebnetz oder mit dem Zuggarn.  Schwebnetze wurden am Nachmittag oder gegen Abend gesetzt, es waren 31 Netze ca. 80 bis 100 Meter lang und zwischen 1,40 bis 1,60 m hoch. Jedes Netz hatte drei Korken, die mit dem Namen des Fischers versehen waren. Die Netze hatten eine Maschenweite von 38 bis 40 Millimeter und waren aus Baumwolle und unten mit Blei beschwert. Wenn sie im Wasser waren, ging das Garn natürlich auf und die Netze wurden viel schwerer. Das war harte Knochenarbeit.  Bei Vollmond fingen wir meistens wenig Fische, da hatte man Glück wenn vielleicht einige Fische im Netz waren. Heute sind die Netze ja aus Nylon oder Perlon und es sind nur drei Netze genehmigt. Dafür sind sie bis ca. 7 m hoch. Sie müssen auch nicht mehr getrocknet werden wie unsere Baumwollnetze früher auf der sogenannte Netzhenke - oder -hänke das kommt von aufhängen.

Der Fisch steht z. B. im Frühjahr höher, z. B. 2 bis 3 Klafter, im Sommer dagegen können es bis zu 7 Klafter sein. (Ein Klafter war früher ein Maß, eine Armspanne).

Dann fischten wir auch im Glusgang, das heißt, das Zugnetz wird ausgeworfen und gleich wieder eingezogen, das dauerte so zwischen 8 bis 12 Minuten.

Hier am Kniebach standen meistens so 6 Fischerboote. Schilte Karl, Braster, Weißhaupt, ´s Vorderhuusers Heinrich und Siegfried Rebstein “und mir".

„Vu de Vorderhuusers Brüeder hond mir s`Singe glernet, die hond beide ganz guet singe känne. Uff em Stäeg dusse sind mir uff de Pfähl ghucket und hond gsunge

Die Kretzer oder Barsch (in der Schweiz auch Egli genannt) wurden in der sogenannten „Landfischerei“ gefangen, halt in Ufernähe, die Blaufelchen und Forellen fing man auf dem See mit den Netzen.

In den 20 er und 30 er Jahren gab es einige Zeit lang wenig Kretzer und so wurde eine Art Schonbezirk geschaffen, wo man nicht fischen konnte, man verwirklichte schon damals einen Arten- und Überlebensschutz.

Josef Einhart um 1935 mit Ochsengespann dahinter der Hirschen der am 27.4.1944 beim Bombenangriff  abbrannte

Josef Einhart um 1935 mit Ochsengespann, dahinter der Hirschen, der am 27.4.1944 beim Bombenangriff  abbrannte

Früher sind wir beim Laich von den Felchen so 6 bis 8 Tage fahren, heute dürfen die Fischer nur an drei Tagen auf den See, wenn der Laich reif ist, dafür fangen sie natürlich viel mehr, es können bis zu 500 Fische pro Tag sein. Der Laich wurde zur Fischbrutanstalt gebracht, wenn die aber schon voll war, hat mein Vater den Laich hier in Ufernähe, vor der Halde, wo das Wasser ca. 15 Meter tief ist, ausgebracht, denn der See war damals sauber. So in den 60 er und 70 er Jahren hatten wir mit dem Wasser Probleme, aber heute ist der See wieder so sauber wie früher. Grade der Blaufelchen ist durch das saubere Seewasser wieder schlanker und er braucht etwa 3 bis 4 Jahre, bis er gefangen werden kann, d. h. nicht mehr durch die Maschenweite von 40 mm schlüpft.

Mein Vater kaufte unseren heutigen Seeplatz vom Ziegel-Heger und als wir gebaut haben, fand man beim Ausbaggern noch Mauerreste von einem alten Haus, das früher anscheinend so eine Art Altersheim für arme Gemeindemitglieder gewesen sei, bis etwa 1900.

Wenn ich auch schon lange nicht mehr zum Fischen fahre, so habe ich doch jeden Tag den See vor Augen und kenne ihn bei jedem Wind und Wetter, seit 90 Jahren.

Sonntagsausflug Josef Einhart mit Gästen im Breitried Bautz Traktor 1957 mit 12 PS

Sonntagsausflug; Josef Einhart mit Gästen im Breitried; Bautz Traktor, 1957, mit 12 PS

 

Link: Geschichte der Bodenseefischerei

Link: Veranstaltung Geschichte des Fischfangs in Immenstaad am 23. Oktober 2015

 

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